Herausforderungen der Zukunft für die Rehabilitation und Teilhabe
Erforderliche Kompetenzen der gesundheitsbezogenen Sozialen Arbeit in einer sich verändernden Welt

Transformationsprozesse sind in allen gesellschaftlichen Bereichen vielfältig erlebbar. Beispielhaft für gesellschaftliche Veränderungen sind Globalisierung, Ökonomisierung, Digitalisierung und künstliche Intelligenz, Folgen von Klimawandel und Krieg oder eine verstärkte Migration. Dazu kommen die Zunahme chronischer und psychischer Erkrankungen, eine höhere Lebenserwartung, die Zunahme von Singlehaushalten, gesundheitliche Ungleichheiten, Einsamkeit sowie ein erhöhtes Armutsrisiko bei chronischen Erkrankungen (Kramer & Dettmers 2024, S. 6). „Immer mehr Menschen haben die Sorge, den Anschluss zu verlieren, dem Zeit- und Innovationsdruck kognitiv oder emotional nicht gewachsen zu sein und die zunehmende Komplexität nicht mehr bewältigen zu können“ (ebd.). Die Systeme der Sozialen Sicherheit in Deutschland müssen auf diese Entwicklungen und Anforderungen reagieren.
Gerade in einer sich rasant veränderten Welt gehören Menschen mit (drohender) Behinderung zu einer vulnerablen Bevölkerungsgruppe mit einem erhöhten Exklusionsrisiko. Für den Auftrag des Rehabilitationssystems zur Sicherstellung der selbstbestimmten Teilhabe sind alle beteiligten Berufsgruppen im interdisziplinären Zusammenspiel aufgerufen, gemeinsam zukunftsfähige Lösungsansätze zu entwickeln und ihre spezifischen Kompetenzen einzubringen.
Für die Soziale Arbeit stellt sich aufgrund des generalistischen Studiums, das für vielfältige Tätigkeitsfelder, Aufgaben und Themenbereiche qualifizieren soll, schon von je her die Frage nach den eigenen spezifischen Kompetenzen. Ein sehr diverses Studienangebot führt immer noch dazu, dass konkrete Kompetenzanforderungen für spezifische Handlungsfelderund Aufgabenbereiche sich nicht ausreichend in den curricularen Bausteinen wiederfinden. So konnten zwar beispielsweise im Rahmen des Projekts „Aufgaben und Nutzen Sozialer Arbeit in der beruflichen Rehabilitation (ANSAB)“ die vielfältigen Aufgaben in der beruflichen Rehabilitation sowie die Relevanz von spezifischen Fachkenntnissen der Sozialen Arbeit bei den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, empirisch bestätigt werden (Meißner, Engruber & Tophoven 2025, S. 3). Gleichzeitig wird aber konstatiert „(…), dass nach wie vor erhebliche Lücken in Forschung, Lehre und Wissenstransfer zur Sozialen Arbeit in der beruflichen Rehabilitation bestehen“ (ebd., S. 4).

Die heterogene Ausbildungsstruktur derHochschulen für Soziale Arbeit mit verschiedenenStudienschwerpunkten undInhalten erfordert daher eine Verständigungüber die Kompetenzen, die Absolventinnenund Absolventen der Studiengängeder Sozialen Arbeit für die Tätigkeitenin den Arbeitsfeldernder Rehabilitationund Teilhabe benötigen. Vordiesem Hintergrund haben die DeutscheVereinigung für Rehabilitation (DVfR)und die Deutsche Vereinigung fürSozialeArbeit im Gesundheitswesen (DVSG) in einem gemeinsamen PositionspapierEmpfehlungen zu den erforderlichen Reha-Kompetenzen für die Soziale Arbeit gegeben, um die für Prävention, Rehabilitation sowie Förderung der umfassenden und selbstbestimmten Teilhabe von Menschen mit (drohenden) Behinderungen relevanten Aspekte in das Curriculum der Sozialen Arbeit einzubringen. Die Empfehlungen richten sich sowohl an die Hochschulen und Einrichtungen der Fort- und Weiterbildung, als auch grundsätzlich an die verschiedenen Einrichtungen der Rehabilitation, denen bei der Vermittlung, Einübung und Reflexion von Praxiswissen im Rahmen der Praxiseinsätze von Studierenden der Sozialen Arbeit eine besondere Verantwortung zukommt (DVSG & DVfR 2025).
Die aktuelle DVSG-Befragung aus dem Jahr 2024 zeigt, dass der Fachkräftemangel ein wesentlicher Faktor für Versorgungslücken und -probleme ist. Viele Fachkräfte aus der Sozialen Arbeit berichten, dass es mittlerweile schwierig bis unmöglich sei, eine bedarfsgerechte und lebensweltorientierte Versorgung für Hilfesuchende sicherzustellen. Dies gilt nicht mehr nur für einzelne, beson-ders vulnerable Personen, sondern immer häufiger regelhaft. Gleichzeitig führt der Fachkräftemangel in den Einrichtungen zu der Schwierigkeit, qualifiziertes Personal zu finden. In der Folge werden häufig fachliche Standards und Ansprüche bei der Personalauswahl herabgestuft (Liesener & Preuss 2025). Ein Problem, das nicht nur für die Soziale Arbeit, sondern für alle Berufsgruppen gleichermaßen bedeutsam sein dürfte. Entsprechende Kompetenzprofile sichern hier die Qualität und sind für die gegenwärtigen und künftigen Herausforderungen im Bereich der Rehabilitation und Teilhabe dringend erforderlich.
Literatur
- Deutsche Vereinigung für Soziale Arbeit im Gesundheitswesen (DVSG) & Deutsche Vereinigung für Rehabilitation (DVfR) (2025): Reha-Kompetenzen für die Soziale Arbeit. Gemeinsames Positionspapier der DVSG, DVfR. Berlin, Heidelberg. Online verfügbar: https://dvsg.org/fileadmin/user_upload/DVSG/Veroeffentlichungen/Positionen/2025-03-03_Positionspapier_Reha-Kompetenzen_f%C3%BCr _die_Soziale_Arbeit_final.pdf (17.04.2025)
- Kramer, U.; Dettmers, S. (2024): Transformation und Soziale Arbeit. Veränderungen erkennen und teilhabeorientiert gestalten. In: FORUM sozialarbeit +
- gesundheit 4, S. 6–8.
- Liesener, A.; Preuss, L. (2025): Versorgungslücken und -probleme: Zeit zu handeln! DVSG Befragung 2024 zeigt erhebliche Herausforderungen für die gesundheitsbezogene Soziale Arbeit auf. In: FORUM sozialarbeit + gesundheit 1, S. 40–45.
- Meißner, M., Engruber, R.; Tophoven, S. (2025): Aufgaben und Nutzen Sozialer Arbeit in der beruflichen Rehabilitation. Curriculare Bausteine für Studiengänge der Sozialen Arbeit bzw. Sozialarbeit/Sozialpädagogik und entsprechende Weiterbildungsangebote. Düsseldorf: Hochschule Düsseldorf.