Stark im Sturm
Hilfen für Kinder psychisch und suchterkrankter Eltern
Das Projekt „Stark im Sturm“ unterstützt Familien mit psychisch und suchterkrankten Eltern. Ca. 30 Prozent aller Patientinnen und Patienten in psychiatrischer Behandlung haben Kinder. Deren Belastung wird im Behandlungsprozess oft übersehen. Frühzeitige Unterstützung für die Familien kann das Risiko für die Kinder, später selbst zu erkranken, reduzieren1; 2. Minderjährige Kinder sind bei der Inanspruchnahme von Hilfen oft jedoch vollständig auf die erkrankten Eltern angewiesen. Diese nehmen familienzentrierte Hilfsangebote aus Unkenntnis, Scham oder Verleugnung der eigenen Erkrankung, Überforderung, Stigmatisierung und Tabuisierung aber viel zu selten in Anspruch.
Die Bundes-Arbeitsgemeinschaft „Kinder psychisch erkrankter Eltern“ (AG kpkE) sprach zur Verbesserung der Versorgung dieser Kinder2020 die Empfehlung aus, effiziente Ansatzpunkte seien die Orte der Behandlung von Eltern, also Kliniken und Institutsambulanzen3. Hier setzt der neuentwickelte Versorgungsansatz des Projekts „Stark im Sturm – Hilfen für Kinder psychisch und suchterkrankter Eltern“ an.
Er beruht auf vier Säulen:

Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim

- Bewusstsein schaffen: Pflichterfassung von minderjährigen Kindern und deren Versorgungssituation beim ersten Patientenkontakt; regelmäßige Informationsveranstaltungen und verpflichtende Weiterbildungsbausteine für Mitarbeiter aller Berufsgruppen; Ausstattung aller Behandlungseinheiten mit themenspezifischen Informationsmaterialien für Patientinnen und Patienten sowie deren Kinder zur kindgerechten Informationsvermittlung über die elterliche Erkrankung; Öffentlichkeitsarbeit zum Thema zur Sensibilisierung der Laienöffentlichkeit.
- Familien- und Kinderbeauftragte: Speziell weitergebildete Mitarbeiter aus den multiprofessionellen Teams (sogenannte Kinderbeauftragte) ermutigen erkrankte Eltern, Hilfen für ihre Kinder anzunehmen. Sie informieren Behandler, vermitteln erste Kontakte zu ambulanten Hilfesystemen und „In-House“-Termine zu geeigneten Beratungsstellen mit familien- und kindzentrierten Angeboten. Die Arbeit der Kinderbeauftragten wird durch eine speziell weitergebildete, freigestellte Familienbeauftragte koordiniert und supervidiert.
- Familienmitbehandlung: Durch die Zusammenarbeit der psychiatrischen, psychosomatischen, suchtmedizinischen sowie kinder- und jugendpsychiatrischen Kliniken in einem Versorgungsgebiet erhalten betroffene (Kern-)Familienangehörige der Patientinnen und Patienten bei Bedarf kurzfristig Termine in der Ambulanz der anderen Klinik zur Diagnostik und Therapieplanung.
- Netzwerkarbeit: Durch enge Netzwerke mit Jugendhilfeeinrichtungen, Familienberatungsstellen und zum psychiatrischen bzw. Suchthilfesystem können Zugangswege zu familienzentrierten Hilfsangeboten für betroffene Familien gebahnt und frühzeitig die Nachsorge geplant werden. Regelmäßige wechselseitige Fortbildungen ermöglichen den Austausch über die Arbeitsweisen der jeweils anderen Institution.
Durch die Implementierung des Versorgungsansatzes konnten das Bewusstsein für die Situation der betroffenen Familien in den Kliniken wie auch in den Einrichtungen der Jugendhilfe, und die Zusammenarbeit zwischen den Institutionen signifikant verbessert werden. Das hat die Weitervermittlung von betroffenen Eltern aus den Kliniken zu familienzentrierten Beratungsangeboten deutlich gesteigert. Die Implementierung des Versorgungsansatzes in der Reha-Versorgung erscheint daher lohnenswert.
Fußnoten:
- Puchol-Martínez I, Vallina Férnandez Ó, Santed-Germán MA. Preventive interventions for children and adolescents of parents with mental illness: A systematic review. Clin Psychol Psychother. 2023 30(5):979-997. https://doi.org/10.1002/cpp.2850
- Lannes A, Bui E, Arnaud C, Raynaud J-P, Revet A. Preventive interventions in offspring of parents with mental illness: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Psychological Medicine. 2021;51(14):2321-2336. doi:10.1017/S0033291721003366
- www.ag-kpke.de