Familien im Ausnahmezustand

Bei Krankheit, Behinderung, Reha-Bedarf

Kindergarten, Schule, Arbeit – der Familienalltag kann sehr aufreibend sein. Familiäre Verpflichtungen und berufliche Herausforderungen können – besonders bei Müttern – zu Stress und ständigem Zeitdruck führen. Das gilt verstärkt für Familien mit chronisch kranken Mitgliedern oder solchen von Menschen mit Behinderungen. Der anstrengende Familienalltag gerät schnell ins Wanken, wenn ein Kind oder ein Elternteil schwer oder für längere Zeit erkrankt. Das ganze Familiensystem muss auf die emotionalen Belastungen und die sozialen Folgen ausgerichtet werden: Häufige Arzttermine, Therapiestunden oder zusätzlicher Betreuungs- und Pflegeaufwand bedeuten Alltagsumstellungen. Mitunter sind auch berufliche Veränderungen oder eine neue Rollenverteilung in der Familie notwendig. Dies betrifft das System Familie insgesamt.

Zahlreiche epidemiologische Studien in der deutschen Bevölkerung belegen, dass der Anteil chronisch kranker Erwachsener, aber auch Kinder und Jugendlicher, in den letzten Jahren stetig zunimmt. So haben zum Beispiel 16 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland ein chronisches Gesundheitsproblem, wie die Langzeitstudie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) des Robert Koch Instituts zeigt. Schon allein das Leben mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung ist für die Betroffenen, Eltern und Geschwister eine belastende und herausfordernde Situation. Die Corona-Pandemie hat das private, gesellschaftliche und berufliche Leben vieler Familien noch einmal zusätzlich verändert. Maskentragen, Abstandhalten, Lockdown, das permanente Gefühl des Ausnahmezustands in der Pandemie kann vor allem Kindern zu schaffen machen. Kein Alltag, kaum Sport, dafür viel Handy und ungesundes Essen: Viele Schulkinder haben während der Corona-Pandemie zugenommen, wie aus der KiGGS-Studie hervorgeht. Aber auch berufstätige Mütter und Väter wurden aufgrund von Schul- und Kindergartenschließungen vor große Herausforderungen gestellt. Alles geschieht auf einmal gleichzeitig, der Beruf mit Homeoffice, die Betreuungsarbeit der Kinder und der Haushalt.

Sind Kinder, Vater oder Mutter länger krank, kann eine Rehabilitation die Familie entlasten, gerade auch in Corona-Zeiten. Eine Rehabilitation bietet Maßnahmen, die auf die Beeinträchtigung der Betroffenen, aber auch auf deren Bedürfnisse eingehen. Neben einer Kinder- und Jugend-Reha gibt es für Familien noch eine Reihe anderer Unterstützungsangebote, wie die Eltern-und-Kind-Kur, die familienorientierte Reha und – in Zeiten der Pandemie – die Corona-Auszeit für Familien mit niedrigem bis mittlerem Einkommen. In der Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen hat die Versorgung chronisch kranker Kinder und Jugendlicher an Bedeutung gewonnen. Ihre Hauptziele sind es, den Krankheitszustand unter Berücksichtigung der körperlichen, psychischen und sozialen Faktoren zu verbessern und mögliche Folgeerkrankungen zu vermeiden. Dabei geht es nicht mehr nur darum, die bestmögliche Gesundheit herzustellen, sondern – wie auch im SGB IX verankert – eine weitgehend normale Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten.