Zurück in den Job – trotz psychischer Erkrankung

In Deutschland gibt es 23 Berufliche Trainingszentren (BTZ). Dabei handelt sich um Spezialeinrichtungen der beruflichen Rehabilitation psychisch beeinträchtigter Menschen. Aufgenommen werden Personen mit psychischer Vorerkrankung und einer Perspektive zur Wiedereingliederung in ihr Berufsfeld auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

Die 31-jährige Lena M. sah durch eine erneute depressive Episode ihre erfolgreiche Berufstätigkeit als biologisch-technische Assistentin in Frage gestellt. Aufgewachsen in einem lieblos-vernachlässigenden Elternhaus fand sie Bestätigung nur in guten Leistungen. So hatte sie schon früh mit Stimmungseinbrüchen und Selbstverletzungen zu kämpfen. Dennoch konnte sie nach dem Abitur ein Biologie-Studium aufnehmen. Ihre erste Liebesbeziehung endete nach kurzer Zeit, da ihren Freund, wie sich bald herausstellte, ihre Bedürfnisse kaum interessierten  – das ihr bekannte Muster holte sie wieder ein und sollte sich auch in Studium und Job wiederholen. Der Studienabschluss scheiterte, da ihre zunehmende Symptomatik insgesamt drei (teil-) stationäre psychiatrische Behandlungen erforderte. Danach jedoch absolvierte sie erfolgreich eine Ausbildung zur biologisch-technischen Assistentin. Beruflich konnte sie Fuß fassen, entwickelte sich zu einer geschätzten Fachkraft, der scheinbar nichts zu viel war und die auch schwierigste Aufgaben problemlos bewältigte. Wiederkehrende Phasen von Selbstzweifeln, den Anforderungen nicht zu genügen, wo doch Leistungsfähigkeit zentrale Bestätigungsquelle war, bewältigte sie mit psychotherapeutischer Hilfe. Als eine innerbetriebliche Umstrukturierung mehr Verantwortung mit sich brachte, dekompensierte sie erneut und konnte die massiven Versagensängste trotz erneuter teilstationärer Therapie nicht überwinden. Eine Rückkehr in den Beruf schien aussichtslos, dennoch stellte sie einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) und erhielt die Möglichkeit für ein Training im BTZ.
Zentrales Merkmal der Beruflichen Trainingszentren ist die Spezialisierung auf die Belange von Menschen mit psychischen Vorerkrankungen mit einer Tandembetreuung durch berufliche  Trainer und psychosoziale Mitarbeiter. Fachliche und zeitliche Anforderungen werden im Berufsfeld spezifischen Training sukzessiv gesteigert, parallel die vorhandenen psychischen Probleme und Fragen aufgearbeitet.
Für Lena M. ging es primär darum, sich in den psychosozialen Gesprächen mit ihrer überhöhten Leistungsmotivation und deren Bedeutung als wichtigster Bestätigungsfaktor auseinanderzusetzen. Gleichzeitig hatte sie die schwere Aufgabe, im Training bei der Aufgabenübernahme Zurückhaltung zu üben, was nur mühsam gelang. Nach vier Monaten löste das bevorstehende erste Praktikum eine ernste Krise mit erneuten Versagensängsten aus. Mit psychosozialer Hilfe gelang dennoch der Start. Dort verfiel sie rasch in ihr altes Muster, drängte buchstäblich nach Zusatzaufgaben, eigene Belastungsgrenzen und deren Warnzeichen rechtzeitig zu erkennen, war ihr nicht möglich.
Lena M. wurde in begleitenden Gesprächen sensibilisiert und erarbeitete sich Alternativlösungen. Im Achtsamkeitstraining lernte sie, ihre Frühsymptome zu beachten. Die soziale Kompetenzgruppe ermöglichte, Alternativverhalten zu testen und einzuüben. Ein zweites Praktikum in einer Biotechnologie-Firma gelang deutlich besser: Statt Versagensängsten litt sie an „Lampenfieber“ und zunehmend gelang ihr die Balance zwischen Leistungsansprüchen und Belastungsgrenzen.
Eine Rückkehr an ihren alten Arbeitsplatz schloss sie aus, sondern ergriff die Chance einer Einstellung im Praktikumsbetrieb. Ein Jahr später berichtete sie bei einer Befragung von Absolventen, dort weiterhin tätig und psychisch stabil geblieben zu sein.  Übrigens sei sie im BTZ ermuntert worden, sich um ihr Hobby Malen zu kümmern – dies schütze sie zusätzlich vor ihrem „Leistungsfimmel“.
Die 23 Beruflichen Trainingszentren sind Spezialeinrichtungen der beruflichen Rehabilitation psychisch beeinträchtigter Menschen. Zuständige Kostenträger sind die Agentur für Arbeit, Rentenversicherungen oder auch  Jobcenter. Die Trainings in den jeweiligen Berufsfeldern dauern bis zu einem Jahr und erfolgen zunächst im BTZ, anschließend in externen Praktikumsbetrieben. Häufig werden auch  Assessment- und Vorbereitungsmaßnahmen unterschiedlicher Dauer angeboten. Diese beinhalten z.B. die Überprüfung der Belastbarkeit oder Reha-Fähigkeit, Arbeitserprobungen, Eignungsabklärungen  oder Vorbereitungen auf Umschulungen. Die Integrationsquoten in den allgemeinen Arbeitsmarkt liegen zwischen 50 und 60 % am Maßnahme-Ende und steigen innerhalb von sechs Monaten auf 60 bis 70 %.