Rehabilitation von Menschen mit psychischen Erkrankungen

Psychische Erkrankungen können jeden treffen. Ihre Auswirkungen sind sehr individuell und vielseitig. Von Unruhe über Angststörungen, permanente Erschöpfung, Kontroll- und Vermeidungsverhalten, Wahrnehmungsstörungen bis hin zum Suizidgefährdung. Und das ist nur eine beispielhafte Aufzählung. Auch führen psychische Erkrankungen zu langen Ausfallzeiten. Mit rund 26,3 Tagen waren die Arbeitsunfähigkeitstage je Fall 2018 mehr als doppelt so lange wie bei anderen Erkrankungen (11,8 Tagen je Fall) (Badura et. al 2019). Daten  der Rentenversicherung belegen, dass psychische Erkrankungen der häufigste Grund für den Eintritt in eine Rente wegen Erwerbsminderung sind. Viele der Erwerbsunfähigkeitsrentner haben vor Renteneintritt keine Reha absolviert.

Was sind psychische Störungen?

Psychische oder seelische Störungen sind durch krankheitswertige Veränderungen des Erlebens und Verhaltens gekennzeichnet. Dies kann mit Unterschieden der Wahrnehmung, des Denkens, Fühlens oder auch des Selbstbildes (Selbstwahrnehmung) einhergehen. Zu den psychischen Erkrankungen zählen z. B. Depression, Psychose, Neurose, Schizophrenie, bipolare oder somatoforme Störung. Die ICD-10 spricht in diesem Kontext von Psychischen und Verhaltensstörungen. Deutschlandweit zählen Angststörungen und Depressionen zu den häufigsten Krankheitsbildern (DGPPN 2019). Auslöser können einerseits z. B. Akutereignisse wie Überfälle, Unfälle oder andere individuell einschneidende Momente sein. Andererseits liegen oftmals schleichende, von außen zunächst nicht wahrgenommene, Entwicklungen zugrunde.

Was machen psychische Erkrankungen mit dem Menschen?

Im Gegensatz zu körperlichen Erkrankungen sind die Verläufe bei psychischen Erkrankungen meist langwieriger und häufig nicht linear, sondern zyklisch. Ebenso sind die Grenzen fließend: Zwischen einer psychischen Erkrankung und psychischen Störung, die (noch) keinen Krankheitswert haben, ist die Grenze nicht exakt zu ziehen. So können sich auch „einfache“ psychische Probleme ohne Krankheitswert auf Motivation, soziale Beziehungen oder das Leistungsvermögen auswirken.
Im Kontext ungünstiger Lebensbedingungen und ohne entsprechende Abhilfe kann aus einer psychischen Störung eine Erkrankung oder gar Behinderung werden – mit allen damit  erbundenen Konsequenzen. Geht zum Beispiel der Arbeitsplatz verloren, sind die Folgen für den betroffenen Menschen schwerwiegend: Mit dem frühzeitigen Austritt aus dem Erwerbsleben sind für frühverrentete Menschen mit psychischenBeeinträchtigungen nicht nur erhebliche finanzielle Einbußen verbunden. Mit der Erwerbsunfähigkeit fallen viele soziale Kontakte, Austauschmöglichkeiten und vor allem die gesellschaftliche Anerkennung weg.

Welche Auswirkungen haben psychische Erkrankungen auf die Gesellschaft?

Positiv zu bewerten ist, dass psychische Erkrankungen heutzutage stärker in der Aufmerksamkeit der Gesellschaft stehen. Sie werden inzwischen klarer benannt als noch vor Jahren.  Gleichwohl gibt es noch erhebliche Unsicherheiten im Umgang mit der Erkrankung. Zum einen bei den Betroffenen selbst durch Scham, fehlende Krankheitseinsicht oder die Angst vor Sanktionen. Zum anderen beim gesellschaftlichen Umfeld des Betroffenen: Menschen mit Auffälligkeiten im Verhalten gelten allzu leicht als verrückt, werden belächelt oder man geht ihnen aus dem Weg. Viele Menschen trauen sich  nicht – aus Unwissenheit oder Angst etwas Falsches zu tun oder zu sagen – erkrankte Mitmenschen anzusprechen. Psychisch Erkrankte bemerken soziale Rückzüge in ihrem Umfeld und fühlen sich im Stich gelassen. Das gibt der psychischen Störung Raum sich zu manifestieren bis hin zu einer psychischen Behinderung.
Für Außenstehende sind Ursachen einer psychischen Störung auf den ersten Blick oft nicht unmittelbar erkennbar. Anders als bei einem Unglück, einem Überfall oder einen Unfall, gibt es oft  keinen konkret datierbaren auslösenden Moment für Veränderungen der Psyche eines Menschen, was es für Dritte schwierig macht, diese als Erkrankung wahrzunehmen und zu  akzeptieren.

 

Wie läuft die Rehabilitation von Menschen mit psychischen Erkrankungen?

Es ist ausgesprochen wichtig, psychische Störungen rechtzeitig wahrzunehmen, und Hilfen über professionelle Akteure und/oder im Rahmen von Reha-Maßnahmen einzuleiten. Insbesondere durch schnelle und professionelle Hilfe kann der Verschlimmerung einer Erkrankung und weiteren persönlichen und beruflichen Beeinträchtigungen entgegengewirkt werden. Menschen mit psychischen Erkrankungen benötigen zielgerichtete und am individuellen Bedarf orientierte Reha-Leistungen und Unterstützungen, um gesundheitliche Beeinträchtigungen zu vermindern sowie Lebensqualität und Erwerbsfähigkeit zu erhalten. Die Reha selbst stellt einen Prozess dar, in dem viele kleine Zahnräder ineinandergreifen müssen. Wenn das gelingt, kann am Ende das erreicht werden, was der Rehabilitand gemeinsam mit den Ärzten, Therapeuten und anderen Akteuren anstrebt. Bei der Therapie und Rehabilitation von psychisch erkrankten Menschen stehen neben der seelischen und körperlichen Stabilisierung insbesondere die Berücksichtigung und Aktivierung von  vorhandenen Ressourcen sowie die Förderung einer selbstständigen und eigenverantwortlichen Lebensführung und Alltagsgestaltung im Mittelpunkt. Nicht zu unterschätzen ist in diesem Prozess die Bedeutung der Erwerbsfähigkeit und -tätigkeit. Die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit gibt dem Menschen nicht nur eine regelmäßige Struktur, sie bedient daneben das existenzielle Bedürfnis nach Arbeit. Die berufliche Wiedereingliederung gilt dabeioft als oberstes Ziel für Menschen mit psychischen Erkrankungen. In Deutschland steht dafür eine Vielzahl von  Möglichkeiten, Therapeuten und Einrichtungen zur Verfügung.

Erscheint in Kürze – Neue Arbeitshilfe

Die Arbeitshilfe „Rehabilitation und Teilhabe psychisch erkrankter und beeinträchtigter Menschen“ ist eine Orientierungs- und Entscheidungshilfe zu zielgerichtetem, planvollem und abgestimmtem Handeln in der Rehabilitation psychisch erkrankter Menschen.

    Hier finden Sie Informationen z. B. zu:

    •  diagnoseübergreifenden Aspekten und beispielhaft ausgewählten Krankheitsbildern
    • speziellen Aspekten der Rehabilitation von psychisch erkrankten und beeinträchtigten Menschen
    • Angeboten der Rehabilitation und nachgehender Hilfen sowie der Nachsorge
    • Informations- und Beratungsangeboten sowie weiteren Unterstützungsmöglichkeiten
    • Tipps, Adressen und vertiefende Literatur