Klettern ist ideal

Sport für Menschen mit Behinderung

Klettern ist zunächst ein sportliches, aber auch ein kreatives Spiel mit der Bewegung des ganzen Körpers und der Schwerkraft, bei dem wir all unsere Sinne gebrauchen. Seit mehr als zehn Jahren nun wird in der Sektion Frankfurt/Main des DAV (Deutscher Alpenverein) Menschen mit Handicap die Möglichkeit zum Klettern geboten.

Die Angebote für Menschen mit Handicap richten sich im Wesentlichen an zwei Personengruppen:

Gruppe 1:
Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung einen hohen Betreuungsaufwand erfordern. Dies bedeutet, dass diese Menschen meist von einer weiteren Person beim Klettern begleitet werden müssen. Da sowohl der kletternde Mensch als auch die Begleitperson beim Klettern zu sichern sind, ergibt sich somit ein Betreuungsschlüssel von 3 zu 1. Aus diesem Grunde wird das Klettern für diese Personengruppe in Kursform mit begrenztem Zeitrahmen und begrenzter Zahl von Teilnehmenden durchgeführt.

Gruppe 2:
Menschen, die trotz ihrer Behinderung selbständig klettern und teilweise auch selbständig sichern können (ist selbständiges Sichern nicht möglich, ist dafür eine Begleitperson wie z. B. Eltern, befreundete Menschen etc. zuständig). Für diese Menschen gibt es eine offene (weder vom Zeitrahmen noch von der Personenzahl her begrenzte) Gruppe, die „Klettergruppe Vertikal Gemeinsam“. Über die Erfahrungen mit dieser Gruppe soll hier berichtet werden.

Bei „Vertikal Gemeinsam“ klettern Menschen mit den unterschiedlichsten Behinderungen, die sie teilweise von Geburt an haben oder die durch Krankheiten oder Unfälle verursacht wurden. Dabei kann es sich um körperliche, geistige oder sensorische Einschränkungen oder auch um Kombinationen dieser Einschränkungen handeln. Zu erwähnen seien hierbei besonders die Auswirkungen von Multiple Sklerose oder Parkinson, von Sehstörungen bis zu Blindheit oder Störungen der Motorik beispielsweise durch Spina Bifida, geistige Einschränkungen z. B. durch frühkindliche Meningitis, Auswirkungen von Schlaganfällen usw.
Gemeinsam ist diesen Menschen vor allem, dass sie im normalen Sportbetrieb wenig Möglichkeiten zur gemeinsamen Ausübung eines Sportes haben. Zu unterschiedlich sind ihre Einschränkungen. Beim Klettern ist dies jedoch meist ohne Belang. So kann ein Mensch mit MS ein Kletterteam mit einem blinden Menschen bilden, eine Person mit geistigen Einschränkungen ein Team mit einer Person mit motorischen Einschränkungen, immer unter der Maßgabe, dass diese Menschen zur oben beschriebenen Gruppe 2 gehören.
Auch Menschen ohne Behinderung können in dieses Klettern mit einbezogen werden, so dass die erforderliche Anzahl von betreuenden Personen auf ein Minimum zur Gewährleistung eines sicheren Kletterns beschränkt werden kann.

Welche Vorteile hat das Klettern für Menschen mit Handicap?

Zuallererst die Möglichkeit, über die eigenen Behinderungsgrenzen hinaus Sport mit Gleichgesinnten ausüben zu können und das in einer Sportart, die aufgrund ihrer Besonderheit, nämlich dem Erklimmen großer Höhen, bei den meisten Menschen spontan große Achtung auslöst. Wie unsere Gruppenmitglieder übereinstimmend berichten, ist es eine große Stärkung ihres Selbstbewusstseins, wenn sie anderen Menschen vom Erreichen des Routenumlenkers in 14 Metern Höhe berichten können.

Ein weiterer Vorteil ist die beim Klettern erforderliche Konzentration auf die eigenen Körpersignale wie das eigene Gleichgewicht, der eigene Bewegungsablauf, die eigene Muskelanspannung. Oft ergibt sich daraus eine deutlich erkennbare Verbesserung der Motorik am Ende des gemeinsamen Kletterns, im Vergleich zum Beginn der Klettersession, und häufig stabilisiert es die Kraft und das Gleichgewichtsgefühl für den Alltag.
Und – last but not least – ist es die Ausübung des Sports selbst: sich anzustrengen, die eigenen Grenzen zu verschieben, eben das, was wohl jede Sport treibende Person als wohltuend und als Anreiz zum weiteren Sporttreiben empfindet. Einer der großen Vorteile des Kletterns ist, dass die sonst übliche Wettkampfsituation im Sport hier wegfällt und Klettern stattdessen eher in einer Atmosphäre der gegenseitigen Unterstützung stattfindet und zudem noch riesigen Spaß und Freude mit sich bringt.

Insgesamt können wir – basierend auf den Erzählungen der in unserer Gruppe kletternden Menschen – feststellen, dass Klettern eine ideale Sportart für Menschen mit den unterschiedlichsten Handicaps ist – und damit sehr empfehlenswert.