3. Welche Rolle spielen Akteure der akutmedizinischen Krankenbehandlung bei der frühzeitigen Bedarfserkennung im Reha-Prozess?

Paragraphen: Insb. §§ 13, 53 Abs. 4, § 54 Abs. 2, §§ 82, 85 GE RP - Stichwörter: Medizinische Fachkräfte im Reha-Prozess

  • Leistungen der akutmedizinischen Krankenbehandlung können grundsätzlich vor, neben oder nach Reha- und Teilhabeleistungen notwendig sein.
  • Um in allen Fällen Anzeichen eines möglichen Bedarfs an Leistungen zur Teilhabe frühzeitig zu erkennen, sind die Reha-Träger auf die Mitwirkung weiterer Akteure, u. a. aus dem Bereich der Krankenbehandlung, angewiesen (vgl. § 13 Abs. 1 GE Reha-Prozess).
  • In der GE Reha-Prozess wurden u.a. folgende wichtige Punkte festgehalten, die für die Rolle der Akteure aus der akutmedizinischen Krankenbehandlung und ihre Zusammenarbeit mit den Reha-Trägern relevant sind:

Zusammenarbeit mit Reha-Trägern bei der Bedarfserkennung

  • Fachkräfte aus der medizinisch-therapeutischen Versorgung (insb. Ärztinnen und Ärzte sowie Fachkräfte aus anderen Gesundheits- bzw. Heilberufen) sind oft die ersten professionellen Akteure des Gesundheitssystems, die einen möglichen Bedarf erkennen können (§ 13 Abs. 3 GE Reha-Prozess)
  • In der GE Reha-Prozess haben die Reha-Träger den gesetzlichen Regelungen entsprechend festgehalten (vgl. z. B. § 34 SGB IX), dass die frühzeitige Bedarfserkennung gemeinsame Aufgabe der Reha-Träger und dieser Fachkräfte ist (§ 10 Abs. 2 i. V. m. § 3 GE Reha-Prozess)
  • Die Reha-Träger unterstützen Fachkräfte aus Gesundheitsberufen darin, dass sie Menschen mit Behinderungen:
    • über Teilhabeleistungen beraten,
    • zur Mitwirkung und Inanspruchnahme motivieren und
    • bei der Antragstellung unterstützen oder eine Beratung veranlassen (§ 13 Abs. 3 GE Reha-Prozess).
  • Hierfür stellen die Reha-Träger zielgruppenspezifische Informationen über Leistungen zur Teilhabe bereit und stellen sicher, dass Fachkräfte aus Gesundheitsberufen in der Lage sind, auf mögliche Beratungsdienste hinzuweisen (§ 15 Abs. 1 und 2 GE Reha-Prozess i. V. m. § 34 SGB IX; siehe auch Praxistipp). Zudem ist eine systematische, gegenseitige Information im Rahmen etablierter Kooperationsformen bedeutsam (§ 10 Abs. 2, § 16 Abs. 1 und 3 GE Reha-Prozess).
  • Die Reha-Träger fördern auch den Einsatz von Richt- und Leitlinien, Screening- bzw. Assessmentverfahren und strukturierten Befundberichten zur Unterstützung der Bedarfserkennung durch Fachkräfte aus der medizinisch-therapeutischen Versorgung. Eine Übersicht zu entsprechenden Leit- und Richtlinien ist zu finden bei § 17 Abs. 2 i. V. m. Anlage 3 GE Reha-Prozess.

Bedarfserkennung und Beratung im Rahmen der akutmedizinischen Krankenbehandlung

  • Die Regelungen zur Bedarfserkennung (§ 12 Abs. 1 und 2 SGB IX) und zur Teilhabeplanung (§ 19 SGB IX) sowie die Ziele der medizinischen Rehabilitation (§ 42 Abs. 1 SGB IX) gelten auch bei der Erbringung akutmedizinischer Krankenhandlungsleistungen (§ 43 SGB IX). Dadurch soll ein reibungsloser Übergang in die Rehabilitation sichergestellt werden (vgl. BT-Drs. 18/9522, S. 250).
  • Wenn Fachkräfte aus Gesundheitsberufen bei einer Krankenbehandlung eine (drohende) Behinderung wahrnehmen, sind sie zur Beratung über geeignete Rehabilitationsleistungen oder zum Hinweis auf Beratungsstellen verpflichtet. Eine eigene Beratungspflicht haben insbesondere Ärztinnen und Ärzte, denen damit eine besondere Verantwortung zukommt. (Vgl. insgesamt § 34 SGB IX)
  • Besonderheiten: Ambulante und stationäre Krankenbehandlung
    • Leistungen zur Teilhabe werden häufig durch Haus- oder Fachärztinnen und -ärzte angeregt bzw. eingeleitet (§ 18 Abs. 2 GE Reha-Prozess). Hierbei ist die Verordnung von Rehabilitationsleistungen durch Ärztinnen und Ärzte sowie Psychologische Psychotherapeutinnen und -therapeuten für eine frühzeitige Bedarfserkennung und ggf. Antragstellung relevant (vgl. § 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 und Satz 3 SGB V i. V. m. der Reha-Richtlinie des G-BA).
    • Für den Übergang von der Krankenhausbehandlung in die Rehabilitation ist eine frühzeitige Bedarfserkennung und Überleitung im Rahmen des Entlassmanagements bedeutend (vgl. § 18 Abs. 3 GE Reha-Prozess i. V. m. § 39 Abs. 1a SGB V und Rahmenvertrag Entlassmanagement).

Bedarfserkennung und Beteiligung in weiteren Phasen des Reha-Prozesses

  • Auch im weiteren Verlauf des Reha-Prozesses bleibt die Erkennung weiterer oder veränderter Bedarfe – auch durch Akteure der medizinisch-therapeutischen Versorgung – bedeutsam, wenn z. B. weiterhin akutmedizinische Krankenbehandlungsleistungen erbracht werden.
  • In der Teilhabeplanung:
    • Wird ein Teilhabeplan erstellt, sind Befundberichte oder Verordnungen der behandelnden Ärztinnen und Ärzte von dem verantwortlichen Reha-Träger zu beachten (vgl. § 54 GE Reha-Prozess).
    • Auf berechtigten Wunsch der leistungsberechtigten Person erhalten u. a. behandelnde Ärztinnen und Ärzte die Möglichkeit an der Erstellung oder auch Anpassung des Teilhabeplans beteiligt zu werden (§ 53 Abs. 4 GE Reha-Prozess).
    • An einer Teilhebeplankonferenz können auf Wunsch oder mit Zustimmung der leistungsberechtigten Person auch behandelnde Ärztinnen und Ärzte oder andere Akteure der medizinisch-therapeutischen Versorgung als Leistungserbringer teilnehmen (vgl. § 20 Abs. 3 SGB IX, § 59 Abs. 2 GE Reha-Prozess).
  • Bei der Durchführung von Leistungen zur Teilhabe:
    • Eine zielgerichtete gegenseitige Information und Kooperation ist auch während der Leistungsdurchführung wichtig. Im Bedarfsfall binden die Reha-Träger mit Einverständnis der leistungsberechtigten Person hierfür zum Beispiel die Haus- oder Fachärztinnen und -ärzte mit ein und sorgen dafür, dass auch die Rehabilitationseinrichtungen ggf. Kontakt zu diesen aufnehmen (§ 82 Abs. 1 und 2 GE Reha-Prozess).
  • Zum bzw. nach Ende von Leistungen zur Teilhabe:
    • Die Reha-Träger wirken darauf hin, dass erforderliche nachgehende Leistungen entweder von Ärztinnen und Ärzten der Rehabilitationseinrichtung oder der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt eingeleitet werden und die leistungsberechtigte Person zur Inanspruchnahme motiviert wird (§ 85 Abs. 2 GE Reha-Prozess)
    • Behandelnde Ärztinnen und Ärzte werden mit Einverständnis der leistungsberechtigten Person jedenfalls über die Empfehlung oder bereits eingeleiteten Leistungen durch den Leistungserbringer informiert (§ 85 Abs. 3 GE Reha-Prozess).
    • Bei stationären medizinischen Rehabilitationsleistungen im Bereich der Krankenversicherung kommt dem Entlassmanagement eine wichtige Bedeutung zu (vgl. § 40 Abs. 2 Satz 6 i. V. m. § 39 Abs. 1a SGB V und Rahmenvertrag Entlassmanagement Reha).

Praxistipps

  • Ein Katalog mit Anzeichen für das Erkennen von Fallgestaltungen, in denen Leistungen zur Teilhabe in Betracht kommen können, finden Sie in § 11 Abs. 1 GE Reha-Prozess sowie als Anlage 1 der GE Reha-Prozess.
  • Eine Auswahl möglicher Instrumente zur Erkennung bzw. Einschätzung eines ggf. bestehenden Teilhabebedarfs finden Sie als Anlage 2 der GE Reha-Prozess.
  • Auf der BAR-Website gibt es eine Instrumentendatenbank für Instrumente zur Bedarfsermittlung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
  • Für datenschutzrechtliche Fragestellungen, die u. a. bei der Zusammenarbeit im Zusammenhang mit der Erkennung neuer Bedarfe zu beachten sind, wird aktuell eine erweiterte Arbeitshilfe Datenschutz erarbeitet.
  • Die BAR hat eine Übersicht über die Rolle der Erbringer von Leistungen zur Teilhabe in den einzelnen Phasen des Reha-Prozesses erarbeitet.
  • Eine tiefergehende Orientierung speziell für Ärztinnen und Ärzte und weitere Gesundheitsberufe in der Rehabilitation bietet das BAR-Fachbuch "Rehabilitation: Vom Antrag bis zur Nachsorge - für Ärzte, Psychologische Psychotherapeuten und andere Gesundheitsberufe", das von mehr als 100 Expertinnen und Experten aus zahlreichen Gesundheitsberufen sowie dem Bereich der Reha-Träger und Leistungserbringer erarbeitet wurde und im Springer-Verlag erschienen ist.
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