Abgesichert in der Reha

Unterhaltssichernde Geldleistungen bei Reha-Maßnahmen

Eine Rehabilitation soll sich für die Betroffenen lohnen, sie müssen sie sich aber auch leisten können. Daher stellen wir in diesem Beitrag anhand einer fiktiven Fallkonstellation die wichtigsten unterhaltssichernden Geldleistungen vor, die bei einer Reha-Maßnahme als finanzielle Unterstützung zum Tragen kommen können.

„Kann ich es mir überhaupt leisten, in Reha zu gehen?“ Dies dürfte häufig einer der ersten Gedanken sein, nachdem man die Zusage über eine Rehabilitationsleistung erhalten hat. Denn wer eine ganztägige medizinische oder berufliche Rehabilitation durchführt, kann währenddessen seinen Lebensunterhalt nicht selbst durch die Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit bestreiten. Trotzdem soll niemand aus finanziellen Gründen auf eine medizinisch erforderliche Rehabilitation verzichten müssen. Deswegen werden die eigentlichen Rehabilitationsleistungen durch Leistungen zum Lebensunterhalt, wie beispielsweise Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld, Ausbildungsgeld oder Unterhaltsbeihilfe ergänzt (§§ 65, 66 SGB IX). Nachfolgend werden anhand eines fiktiven Fallbeispiels kursorisch einige der oben genannten Geldleistungen vorgestellt.

Fallbeispiel

Krankengeld nach Arbeitsunfähigkeit
Herr Rudolf, geboren 1973, ist gelernter Schreiner und arbeitete bis zuletzt als Angestellter in diesem Beruf. Am 15. Juli 2021 erleidet er einen Bandscheibenvorfall. Danach ist er arbeitsunfähig.
Nach Ende der sechswöchigen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber (§ 3 Abs. 1 EfzG) erhält er Krankengeld (KG) von seiner Krankenkasse (§ 44 SGB V). Wegen derselben Erkrankung kann KG längstens – also nur unter der Voraussetzung, dass so lange auch Arbeitsunfähigkeit besteht – 78 Wochen bezogen werden (§ 48 SGB V). Allerdings wird die Dauer der Lohnfortzahlung angerechnet. Herr Rudolf kann somit – abhängig vom Krankheitsverlauf und der Dauer der Arbeitsunfähigkeit – nach Lohnfortzahlung noch längstens 72 Wochen, also bis 12. Januar 2023, KG beziehen (§ 49 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 48 Abs. 3 SGB V). Die Höhe des KG beträgt 70 Prozent des Bruttoverdienstes, aber höchstens 90 Prozent des Nettoentgeltes (§ 47 SGB V).

Übergangsgeld während medizinischer Rehamaßnahme
Vom 15.Oktober bis 4. November 2021 führt Herr Rudolf eine dreiwöchige medizinische Rehabilitationsmaßnahme durch, die ihm von der Rentenversicherung bewilligt wurde.
Die Rehamaßnahme hat das Ziel, dass Herr Rudolf seine Berufstätigkeit wieder ausüben kann. Zuständig ist die Rentenversicherung (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SGB VI), auch wenn er im Zeitpunkt der Antragstellung KG von seiner Krankenkasse erhält. Für die Dauer der Rehamaßnahme steht ihm Übergangsgeld, ebenfalls vom Rententräger, zu (§§ 20, 21 SGB VI i. V. m. §§ 64 ff. SGB IX). Das Übergangsgeld wird nicht aus dem KG, sondern aus dem vorherigen Arbeitsentgelt berechnet. Es beträgt grundsätzlich 68 Prozent, falls ein Kind mit Kindergeldanspruch vorhanden ist, 75 Prozent des Nettoverdienstes (vgl. § 66 SGB IX)1.

Übergangsgeld während stufenweiser Wiedereingliederung (StW)
Herr Rudolf kann seinen Gesundheitszustand während der medizinischen Rehabilitation verbessern. Im Anschluss daran beginnt er eine stufenweise Wiedereingliederung.
Da die stufenweise Wiedereingliederung (StW) im unmittelbaren2 Anschluss an die medizinische Reha erfolgt, wird das Übergangsgeld bis zum Ende der Wiedereingliederung weitergezahlt (§ 71 Abs. 5 SGB IX).

Krankengeld nach Abbruch der StW
Wider Erwarten muss Herr Rudolf die StW aus gesundheitlichen Gründen leider abbrechen. Seitdem ist er weiterhin arbeitsunfähig.
Nach Abbruch der StW erhält Herr Rudolf wieder Krankengeld bis zum Ablauf der 78 Wochen am 12. Januar 2023. Auch das Übergangsgeld führt (wie schon die Lohnfortzahlung, s. o.) nicht zu einer „Verlängerung“ des Krankengeldbezuges (§ 49 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 48 Abs. 3 SGB V). Die 78 Wochen stellen eine „starre Rahmenfrist“ dar.

Arbeitslosengeld nach Auslaufen des Krankengeldes („Aussteuerung“)
Auch am Ende des Krankengeldbezuges am 12. Januar 2023 kann Herr Rudolf seine bisherige Tätigkeit als Schreiner weiterhin nicht ausüben. Er fragt sich, wie es finanziell und beruflich weitergehen soll.
Nachdem der Anspruch auf Krankengeld ausgeschöpft ist, erhält Herr Rudolf nach erfolgter Arbeitslosmeldung und Antragstellung Arbeitslosengeld (ALG) gemäß §§ 136 ff. SGB III.3 Wichtig ist dabei, dass Herr Rudolf, auch wenn er gesundheitlich eingeschränkt ist, sich im Rahmen seiner gesundheitlichen Möglichkeiten den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stellt.4 Das ALG wird nicht aus dem Krankengeld sondern aus dem zuletzt erzielten Arbeitsentgelt berechnet. Es beträgt grundsätzlich 60 Prozent, falls ein Kind mit Kindergeldanspruch vorhanden ist, 67 Prozent des letzten Nettoeinkommens (§ 149 SGB III).

Übergangsgeld während der Umschulung
Am 1. März 2023 beginnt Herr Rudolf nach Rücksprache mit einer Rehaberaterin oder einem Rehaberater eine Umschulung zum Arbeitserzieher.
Während der Umschulung erhält Herr Rudolf statt des Arbeitslosengeldes wieder Übergangsgeld von der Rentenversicherung.
Diese Tätigkeit kommt ihm entgegen, da er schon immer gerne mit Menschen gearbeitet hat und auch sein Fachwissen aus der Tätigkeit als Schreiner einbringen kann.
Gleichzeitig entfällt die mit der Tätigkeit als Schreiner verbundene und inzwischen nicht mehr leidensgerechte Belastung der Wirbelsäule. Es gelingt ihm, die Umschulung erfolgreich abzuschließen und wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

1 Zu den Einzelheiten der Berechnung des Übergangsgeldes vergl. §§ 66 ff. SGB IX sowie das Gemeinsame Rundschreiben der Rentenversicherungsträger zum Übergangsgeld (Stand: Oktober 2021).

2 Die Spitzenverbände der Krankenkassen und die DRV Bund haben dazu die „Vereinbarung zur Zuständigkeitsabgrenzung bei stufenweiser Wiedereingliederung nach § 28 i. V. m. § 51 Abs. 5 SGB IX“ (a. F.) geschlossen. Danach ist die Rentenversicherung zuständig, wenn die stufenweise Wiedereingliederung zur Erreichung des Rehabilitationsziels notwendig ist und innerhalb von vier Wochen nach dem Ende der Leistung zur medizinischen Rehabilitation beginnen kann.

3 Das ALG ist zwar keine ergänzende Leistung i. S. d. § 65 SG IX. In der vorliegenden Konstellation dient aber auch das ALG der sozialen Sicherung, wenn die bisherige Berufstätigkeit krankheitsbedingt nicht ausgeübt werden kann.

4 Sollte der medizinische Dienst der Bundesagentur für Arbeit dann zum Ergebnis kommen, dass er auch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes für mehr als sechs Monate nur weniger als 15 Stunden pro Woche ausüben kann (fehlende „objektive Verfügbarkeit“), würde er trotzdem ALG erhalten. Gleichzeitig würde er aufgefordert werden, innerhalb eines Monats einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen („Nahtlosigkeitsregelung“, §§ 145, 146 SGB III). Stellt er sich der Arbeitsvermittlung hingegen gar nicht erst zur Verfügung, weil er selbst davon ausgeht, nicht vermittelbar zu sein, fehlt bereits die („subjektive“) Verfügbarkeit gem. § 138 Abs. 5 Nr. 3 und Nr. 4  SGB III, also die Bereitschaft, bei der Arbeitsvermittlung mitzuwirken. Der Antrag auf Arbeitslosengeld wird abgelehnt.