Regionale Netzwerkveranstaltung für Reha-Träger
in Schleswig-Holstein, Kiel – 7. Mai 2025
Welches Potenzial hat Netzwerkarbeit für Reha-Fachkräfte und für Menschen mit Behinderungen? Dieser und weiteren spannenden Fragen widmeten sich 74 Fachkräfte von Rehabilitationsträgern aus ganz Schleswig-Holstein im Rahmen der "Regionalen Netzwerkveranstaltung" am 7. Mai in Kiel. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation e.V. (BAR) hatte gemeinsam mit dem Integrationsamt Schleswig Holstein eingeladen.
Das Dialog-Format "Regionale Netzwerkveranstaltung" der BAR ist eine Initiative, um die Zusammenarbeit der Reha-Träger in den Regionen zu stärken. Denn Netzwerken ist kein Selbstzweck: In einem Reha-System, in dem cirka 1.200 Reha-Träger aus acht Trägerbereichen und eine Vielzahl von Leistungen zusätzlich sortiert nach fünf Leistungsgruppen erbringen, können die Träger dem Leitgedanken der "Leistungen wie aus einer Hand" nur dann entsprechen, wenn sie auf ein funktionierendes Netzwerk zurückgreifen können.
Auftakt zu einem lebendigen Tag
Offenes Format: Wenig Theorie, viel Kommunikation

Bernd Giraud, Fachbereichsleiter Programme & Produkte, begrüßte die Teilnehmenden seitens des Veranstalters BAR und gab Einblicke in die Idee hinter der Netzwerkveranstaltung: die Stärkung der Zusammenarbeit von Reha-Praktiker:innen über trägerspezifische Gewohnheiten hinweg. Giraud hob bewusst das offene Konzept der Netzwerkveranstaltung hervor, das es erlaube, Teilhabe auch aus einem breitgefächerten Blickwinkel zu betrachten, über die Grenzen der eigenen Träger-Organisation hinaus und hin zu mehr Zusammenarbeit: "Wir freuen uns Ihnen heute einen Rahmen zu bieten, der vor allem Platz für das Kennenlernen und den Austausch bietet."
Andreas Leschau begrüßte seitens des Integrationsamtes Schleswig-Holstein: "Das Integrationsamt arbeitet seit jeher eng vernetzt mit allen relevanten Akteuren zusammen – unter anderem im Rahmen regelmäßiger Trägergespräche – um die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsleben zu stärken. U. a. mit den örtlichen Fürsorgestellen, den Integrationsfachdiensten (IFD), den Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) und der "Beratungsstelle handicap" biete das Integrationsamt zudem ein enges Netz an regionalen Anlaufpunkten. "Dieses Netzwerk möchten wir weiter ausbauen." Mit Blick in die Runde zeigte sich Leschau angetan, Menschen vieler unterschiedlicher Trägerbereiche im weiten Rund zu erblicken: "Über 70 Fachkräfte sind heute hier, aus allen Bereichen der Reha-Landschaft in Schleswig-Holstein. Das ist ein Zeichen, dass Netzwerk-Arbeit in unserem Bundesland gelebt wird. Und ein sehr gutes Signal für die betroffenen Menschen."
Impuls zum Projekt "PI.Rat"
Sozialraum und Teilhabe für alle
Zum programmatischen Auftakt in den Tag stellte Anna-Christina Röttger (Koordinatorin "PI.Rat", AWO Schleswig-Holstein) heraus, wie ein neues Netzwerk-Projekt die Teilhabe im Kreis Pinneberg in den Mittelpunkt stellt. Das Projekt "PI.Rat" hat sich zum Ziel gesetzt, den Sozialraum für alle Menschen gleichberechtigt zu öffnen, ohne Barrieren und egal ob mit oder ohne ohne Behinderung. "PI.Rat" organisiert die Zusammenarbeit von Organisationen, Verbänden, Verwaltung und der Wirtschaft und inkludiert vor allem Expertinnen und Experten im Bereich Teilhabe, die selbst betroffen sind. Bei Netzwerktreffen und Inklusionskonferenzen entstehen neue Synergien für die Lebensbereiche Arbeit und Freizeit. Ein passender Impuls für die Teilnehmenden, dass Zusammenarbeit viele positive Effekte mitbringt. Eine Motivationsspritze schienen die Reha-Praktiker:innen in Kiel an diesem Morgen allerdings nicht zu benötigen, denn sie waren längst in lebhafte Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen eingetaucht.
Podiumsgespräch
Perspektive(n) von trägerübergreifender Zusammenarbeit
Nachfolgend lud Moderator Eric Meyer zu einer Podiumsrunde. Er begrüßte Beate Keil, Leitung Fachdienst Teilhabe im Kreis Pinneberg (Eingliederungshilfe), Fabian Danger, Teamleiter Reha bei der DRV Nord, Andreas Leschau und Bernd Giraud. Gemeinsam blickte man aus unterschiedlichen Perspektiven auf das Thema Zusammenarbeit. Ebenso ging es um aktuelle Bestrebungen zur Vernetzung aus den unterschiedlichen Trägerbereichen sowie aus der Arbeit der BAR. Ulrike Tofaute, Teilhabeberaterin bei der Lebenshilfe Schleswig-Holstein und fünfte Teilnehmerin der kleinen Talkrunde, brachte die wichtige Perspektive von Antragstellenden bzw. Menschen mit Teilhabebedarf ein. Sie mahnte, dass z.B. unklare Zuständigkeiten nicht zu Lasten der Betroffenen und ihres Rechts auf Teilhabe gehen dürfe.
Bernd Giraud verwies explizit auf einen vereinfachten Zugang zum komplexen Reha-System für Antragstellende, wenn das laufende BAR-Projekt "Gemeinsamer (digitaler) Grundantrag für Reha- und Teilhabeleistungen" dann als trägerübergreifender Antrag im Sinne des Ansatzes "Ein Reha-Antrag für Alles" in der Praxis genutzt werden kann. Das Projekt wird seitens der Mitglieder auf Ebene der BAR in einem kooperativen Prozess durchgeführt und vom BMAS gefördert.
Intensiver Austausch in drei Foren und im Rahmen der Mini-Messe
Wo braucht es mehr Zusammenarbeit und wie kann diese gelingen?


Das Hauptaugenmerk des Tages lag indes auf dem intensiven Austausch der Teilnehmerinnen und Teilnehmer untereinander. In drei Foren stand zunächst das gegenseitige Kennenlernen und ein Brainstorming zur Berufspraxis im Fokus. Gemeinsam sammelte man Anlässe und berufliche Alltagssituationen, bei denen Kontakte helfen, Prozesse zu verbessern. Alsbald wurden in den drei Foren, moderiert von Franziska Fink, Christoph Gerullis-Schmidle und Petra Horn-Bärnreuther (alle BAR), erste Ideen notiert, die den Berufsalltag leichter machen können: Hier nannten die Teilnehmenden u.a. den Wunsch nach regelmäßigen Treffen, bei denen die Institutionen ihre Arbeit, Leistungen und Zuständigkeiten vorstellen. Dadurch solle mehr Transparenz und Verständnis entstehen. Auch wurde die Wichtigkeit von konkret verfügbaren Ansprechpersonen bei allen Trägern sowie die Notwendigkeit herausgearbeitet, dass jemand "den Hut" für die Koordination von nächsten Schritten "aufhaben" müsse.
Gemeinsam diskutierten die Fachkräfte, an welchen Schnittstellen im Berufsalltag es eine intensivere Kooperation braucht – und welche konkreten Schritte man hier initiieren könnte. Um in der Praxis zügige Abstimmungen unter Einhaltung der engen Fristen sicherzustellen, dachten die Fachkräfte zum Beispiel an bilaterale Gesprächsformate und Hospitationen. Zur besseren Vernetzung der Reha-Träger könnten ebenso digitale Tools unterstützen, etwa ein landesspezifisches Verzeichnis, das Ansprechpartner listet und für alle zugänglich macht.
Aus ähnlichen Beweggründen hat die BAR ihr Verzeichnis der Ansprechstellen für Reha und Teilhabe um einen internen Bereich erweitert. Christoph Gerullis-Schmidle, Fachrefrent bei der BAR, präsentierte im folgenden Mini-Messe-Format die Funktionen und Möglichkeiten. Im Rahmen der kleinen Messe kam man an unterschiedlichen Info-Ständen zusammen, zum Beispiel zu den Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) oder des Firmenservice der Deutschen Rentenversicherung, um sich weiter zu unterhalten und Infos über unterschiedliche Angebote zu sammeln. Hauptaugenmerk der Mini-Messe war das Kennenlernen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den anderen Foren.
Begehrt: Visitenkarten und bleibende Kontakte

Im Anschluss stellten die Foren ihre Ansätze und Ideen für eine nachhaltige Netzwerk- und Zusammenarbeit im Plenum vor. Eine Arbeitsgruppe traf hier bereits Folge-Verabredungen für die Implementierung eines "Runden Tischs" mit mehreren Trägern. Wichtig war allen Teilnehmenden an diesem Tag aber vor allem das Kennenlernen und das persönliche Gespräch. Natürlich wurden auch viele Visitenkarten getauscht.
Am Ende des Tages stand die symbolische Staffelstab-Übergabe seitens der BAR als Initiator der Veranstaltung: Das Team der BAR übertrug mit den Staffelstäben die Initiative zur weiteren praktischen Zusammenarbeit an die jeweiligen "Staffelläuferinnen" und "Staffelläufer" der drei Foren. Diese hatten sich bereit erklärt, in Zukunft nächste Schritte für eine nachhaltige Vernetzung im Bundesland bzw.noch lokaler, in Regionen und Landkreisen, anzustoßen.
Impressionen eines "wuseligen" Tages
Fotos: Franziska Fink (BAR e.V.)