Corona – und jetzt?

Auswirkungen von SARS-CoV-2 auf den Beratungsalltag

Ein Erfahrungsbericht zweier Reha-Manager aus dem Bereich Berufskrankheiten der Unfallkasse Baden-Württemberg (UKBW) in Karlsruhe

Die Unfallkasse Baden-Württemberg zählt zu den gesetzlichen Unfallversicherungsträgern in Deutschland und ist zuständig für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Auch im Bereich Rehabilitation und Teilhabe stellt uns die Pandemie vor große Herausforderungen, da die vollumfängliche bedarfsorientierte Beratung unserer Versicherten in diesem Bereich besonders wichtig ist.

Persönliche Kontakte erschwert

Wir sind adressatenorientierte und trägerunabhängige Berater nach Standards des Sozialgesetzbuchs (SGB, insbesondere SGB VII und SGB IX). In dieser Funktion sind wir für die Planung, Steuerung, Begleitung und Evaluation der medizinischen Rehabilitation zuständig, außerdem für die berufliche und soziale Teilhabe und die Teilhabe an Bildung auf der Grundlage von Teilhabe- und Rehaplänen.

Das Aufgabengebiet umfasst die komplette Feststellung und Bearbeitung aller in Frage kommenden Teilhabeleistungen, insbesondere auch von ergänzenden Leistungen (beispielsweise Wohnungs- und Kfz-Hilfe), die nachgehende Betreuung von schwerverletzten Versicherten sowie die Sicherstellung der qualifizierten Pflege. Bereits aus den Aufgaben ist ersichtlich, dass dieser umfängliche, aber auch sensible Beratungsbereich am besten im direkten Kontakt zu unseren Versicherten erfolgen kann.

Vor der Pandemie haben uns die Versicherten zurückgemeldet, dass sie besonders den persönlichen Kontakt vor Ort sehr schätzen und auch wünschen. So haben wir in den vergangenen Jahren den persönlichen Kontakt immer weiter ausgebaut und eine hohe Akzeptanz bei der Umsetzung unserer Beratertätigkeit erfahren können. Die Pandemie hat nicht nur zu Abstands- und Hygienevorschriften geführt, sondern auch zur Einschränkung der Kontakte zu unseren schwerstkranken Versicherten. Diese neue Lage stellte uns vor die Frage, wie wir unserem Beratungsansatz weiter gerecht werden können. Oberste Priorität hat für uns die Sicherheit und Gesundheit unserer Versicherten, ganz besonders derjenigen, die an Krebs erkrankt oder aufgrund einer anderen Erkrankung als Risiko-Versicherte gelten. Diese Aspekte standen zu Beginn der Pandemie dem persönlichen Beratungsansatz vor Ort entgegen. Um dennoch bei den Versicherten zu sein, haben wir den telefonischen Kontakt verstärkt genutzt und ausgebaut. Andererseits haben die Versicherten selbst zunehmend Kontakt per E-Mail zu uns aufgenommen.

Durch den Ausbau der Hygienemaßnahmen (Handdesinfektion, FFP2-Masken) und dem Start der Impfkampagnen konnten wir den persönlichen Kontakt bedingt wiederherstellen.
Mit Einverständnis der Gesprächs- und Netzwerkpartner – neben unseren Versicherten sind das Arbeitgeber, Ärztinnen und Ärzte, Therapeutinnen und Therapeuten und andere – führen wir, wo immer es möglich ist, persönliche Beratungen durch.
So nehmen wir beispielsweise im Rahmen unserer Sprechstunden (Haut, Atemwege oder Rücken) an Untersuchungen mitsamt Erstellung von Reha-Plänen teil oder an Arbeitgebergesprächen im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements. Nicht zuletzt führen wir bedarfsorientierte Beratungen unserer Versicherten an ihren Wohnorten oder in unseren beiden Verwaltungsgebäuden in Stuttgart und Karlsruhe durch.

Hoher Beratungsbedarf mit steigender Tendenz

Das Corona-Virus hat uns Reha-Manager vor neue Herausforderungen gestellt. Es steht auf der Liste der Berufskrankheiten, wird unter bestimmten Voraussetzungen auch als solche anerkannt und geht mit multiplen und nicht erforschten Komorbiditäten einher. Versicherte, die sich mit SARS-CoV-2 infiziert haben, haben einen hohen Beratungsbedarf, der monatlich steigt. Diesem Wunsch wollen und können wir entsprechen, indem wir immer mehr Netzwerke aufbauen. Gerade in einer solch schwierigen Zeit spielen Netzwerkpartner eine wichtige Rolle.
Anlaufstellen waren anfänglich die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachrichtungen wie zum Beispiel Lungenfachärzte, Kardiologen, Neurologen, aber auch Therapeutinnen und Therapeuten aus dem Bereich Physio- und Ergotherapie. Wegen der zunehmenden Zahl an Erkrankten und der schon vor der Pandemie bestehenden Engpässe bei der schnellen Vergabe von Untersuchungsterminen bei Fachärztinnen und -ärzten, greifen wir nun zusätzlich auf unsere Beratungsärzte zurück.
Unsere Teilnahme an den Untersuchungsterminen in den Praxen unserer (Beratungs)-Ärztinnen und Ärzte kristallisiert sich als sehr effizient und wichtig für unsere Versicherten heraus. Wir erreichen damit die optimale nahtlose Bedarfsermittlung, ganz im Sinne einer ganzheitlichen Beratung.

Neben den ambulanten Therapiemöglichkeiten bieten wir bei entsprechender Indikation und Reha-Fähigkeit eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in mittlerweile darauf spezialisierten Post-Covid-Reha-Einrichtungen an. In diesem Zuge möchten wir unsere Abschlussgespräche unmittelbar vor Entlassung aus der stationären Maßnahme besonders hervorheben. Diese werden im Rahmen von Video- oder Telefonkonferenzen gemeinsam mit Ärztinnen und Ärzten, Therapeutinnen und Therapeuten und unseren Versicherten durchgeführt. Diese Abschlussgespräche dienen uns als hilfreiches Instrument für die weitere Planung und Steuerung der medizinischen, beruflichen und sozialen Teilhabe.

Selbst nach erfolgreicher stationärer Reha-Maßnahme ist in den meisten Fällen eine nahtlose ambulante Weiterbehandlung unserer Versicherten unabdingbar. Aus unseren bisherigen Erfahrungen und dem Verlauf der Virusinfektion konnten wir erkennen, dass sich die Zeit der Rekonvaleszenz lange hinziehen kann. Um eine schnelle, gezielte und effiziente Rehabilitationswirkung zu erzielen, nutzen wir weiterhin das Instrument der regelmäßigen telefonischen/persönlichen Beratung nach der stationären Reha-Maßnahme mit Hinzunahme einer Ärztin/eines Arztes für die Koordination. In unserer Beratungstätigkeit im BK-Reha-Management wenden wir derzeit hauptsächlich die oben genannten Maßnahmen an, die allen Berufserkrankten zuteilwerden.

Aus den genannten Gründen, nach unseren Erfahrungen und vor allem den zahlreichen positiven Rückmeldungen unserer Versicherten möchten wir unsere Kolleginnen und Kollegen aus dem Bereich Reha-Management ermuntern, den persönlichen Kontakt zu Versicherten auch in diesen schwierigen Zeiten aufzubauen und aufrecht zu erhalten.