Sektorengrenzen überwinden und Routinedaten nutzen

Qualitätsverbesserung in der Rehabilitation

Die Zusammenarbeit über Sektorengrenzen hinweg zu stärken, ist eine der größten Herausforderungen im deutschen Gesundheitssystem. Sie betrifft auch die Rehabilitation. Es muss Anliegen aller Akteurinnen und Akteure sein, die verschiedenen Versorgungsbereiche von der Prävention über die ambulante und stationäre Versorgung bis hin zur Rehabilitation sowie Pflege besser miteinander zu vernetzen. Besser zu vernetzen, um so die Versorgung noch stärker als bisher am medizinisch-pflegerischen Bedarf der Patientinnen und Patienten auszurichten. Im Bereich der Rehabilitation sorgt die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) dafür, dass u. a. die Kranken- und Rentenversicherung dieses Ziel gemeinsam und koordiniert verfolgen.

Die AOK-Gemeinschaft setzt sich für eine engere Verzahnung von akutstationärer Krankenhausbehandlung und Anschlussrehabilitation ein. Daher unterstützen wir Modelle, die die sektorenübergreifende Versorgung fördern und dazu beitragen, die Grenzen zwischen den Sektoren zu überwinden.

Die Verankerung der AOK in den Bundesländern macht es zudem möglich, neue, sektorenübergreifende Wege der Rehabilitation für eine bessere Versorgung der Versicherten in regionalen Pilotprojekten zu testen. Die AOK Baden-Württemberg erprobt zum Beispiel im Innovationsfonds-Projekt "REKUP: Rehabilitative Kurzzeitpflege im stationären Umfeld" ein Modell, das nach einem Krankenhausaufenthalt eine rehabilitative Kurzzeitpflege in Rehabilitationseinrichtungen vorsieht. In der Regel werden pflegebedürftige Patientinnen und Patienten bisher nach einem Krankenhausaufenthalt direkt nach Hause oder in eine Pflegeeinrichtung entlassen, da sie körperlich noch nicht für eine Rehabilitationsmaßnahme bereit sind. Die Reha sollte aber frühzeitig beginnen, da ungenutzt verstrichene Zeit die Rehabilitationsfähigkeit der Patientinnen und Patienten stark mindern kann. Ziel des baden-württembergischen Modells ist die Erhöhung der Rehabilitationsfähigkeit nach Akutaufenthalten sowie die Verringerung oder Vermeidung eines Pflegegrades. Das Projekt wird für drei Jahre mit insgesamt ca. fünf Millionen Euro gefördert. Erste Ergebnisse sind Mitte 2023 zu erwarten.

Bessere Qualitätssicherung auf Basis von Routinedaten-Auswertungen

Ein weiteres Anliegen der AOK ist die Weiterentwicklung der Qualitätssicherung in der rehabilitativen Versorgung. Auch hier braucht es eine sektorenübergreifende Sichtweise. Wir sind davon überzeugt, dass die Nutzung von Routinedaten eine zentrale Rolle bei der Weiterentwicklung der Qualitätssicherung im Bereich Reha wahrnehmen wird. Daher unterstützen wir die Entwicklung von trägerübergreifenden Qualitätskriterien zur Sicherung der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität sowie zur Messung der Zufriedenheit von Patientinnen und Patienten auf der Basis von Abrechnungsdaten. In Zusammenarbeit mit der Sektion Versorgungsforschung und Rehabilitationsforschung (SEVERA) der Uniklinik Freiburg, hat der AOK-Bundesverband das vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) geförderte Innovationsfonds-Projekt "SEQUAR – Qualitätssicherung mit sektorenübergreifenden Routinedaten der Krankenkassen in der orthopädischen Rehabilitation" initiiert. Das gerade gestartete Projekt soll bis Ende 2025 die Hypothese bestätigen, dass Qualitätsindikatoren auf Basis von Routinedaten der Krankenkassen geeignet sind, um die Versorgungsqualität in Reha-Einrichtungen sinnvoll zu messen und zu vergleichen.

Das vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) entwickelte Verfahren zur "Qualitätssicherung mit Routinedaten" (QSR) beweist im stationären Bereich seit vielen Jahren, dass ein risikoadjustierter Vergleich der Behandlungsergebnisse einzelner Krankenhäuser auf Basis der Abrechnungsdaten aufwandsarm möglich ist und mehr Transparenz für einweisende Ärztinnen und Ärzte sowie für Patientinnen und Patienten schafft. Der Vorteil von Routinedaten liegt vor allem darin, dass sie die gesamte Versorgungskette von der Akutbehandlung bis zur Nachsorge abbilden und damit die Messung der Qualität für alle Beteiligten einfach nachvollziehbar möglich macht.

Um dies auch für den Reha-Bereich zu ermöglichen, ist allerdings die regelhafte Übermittlung der Therapieeinheiten und Therapiestandards aus der rehabilitativen Versorgung an die gesetzlichen Krankenkassen notwendig. Bisher haben wir keine Transparenz hinsichtlich der in den Vorsorge- und Reha-Einrichtungen durchgeführten Therapieeinheiten, da im Sozialgesetzbuch V keine verpflichtende Übermittlung dieser Daten verankert ist. Eine solche Verpflichtung der Einrichtungen gibt es bisher nur gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese unterschiedliche Systematik bei der Erhebung der Daten führt dazu, dass die Ergebnisse aus der Qualitätssicherung von Kranken- und Rentenversicherung derzeit nicht vergleichbar sind.  

QS-Verfahren von Kranken- und Rentenversicherung harmonisieren

Um eine übergreifende Qualitätssicherung für die Reha auf Basis der übermittelten Routinedaten zu ermöglichen, fordern wir eine zeitnahe Harmonisierung der QS-Verfahren von Renten- und Krankenversicherung. Dies ist dringend notwendig, um die gesetzlich geforderte öffentliche Berichterstattung zur Information der Versicherten über die Qualität von Reha-Einrichtungen nachhaltig umzusetzen. Die Vereinheitlichung der Verfahren wird auch dazu führen, dass der bürokratische Aufwand für die Einrichtungen sinkt. Die in den Einrichtungen tätigen Mitarbeitenden müssten künftig somit nicht mehr parallel an zwei Qualitätssicherungsverfahren mitwirken, damit die Voraussetzung zur Patientenversorgung bei beiden Kostenträgern erfüllt werden. Die Etablierung eines einheitlichen Verfahrens zur Qualitätssicherung sollte mit der Entwicklung von leitlinienorientierten Behandlungskonzepten kombiniert werden. Auf dieser Basis können die Ziele einer qualitätsorientierten Belegungs- und Vertragsgestaltung sowie einer fundierten Beratung und Information der Versicherten über die Qualität der Versorgung erreicht werden.