Teilhabe von Autistinnen und Autisten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt

Unterstützung und Information als Schlüssel für nachhaltige Arbeitsverhältnisse

Trotz überdurchschnittlicher Schul- und Ausbildungsabschlüsse liegt die Beschäftigungsquote von Autistinnen und Autisten in Deutschland, aber auch international, immer noch auf einem sehr niedrigen Niveau 1. In den vergangenen Jahren richtete die Forschung ihren Blick hauptsächlich auf die Förderpotenziale autistischer Personen selbst, damit sie den betrieblichen Anforderungen besser entsprechen können. Demgegenüber wurden Unternehmen zu ihren Erfahrungen mit der Beschäftigung von Menschen mit Autismus bisher kaum befragt.

Einen Perspektivwechsel vollzog das Projekt AUT-1A mit dem Ziel, die zweite Schwelle – von der Qualifizierung hochfunktionaler schwerbehinderter Menschen mit Autismus in den allgemeinen Arbeitsmarkt – unter besonderer Berücksichtigung der Arbeitgeberperspektive zu untersuchen. Das Projekt, durchgeführt in Kooperation der drei Berufsbildungswerke B.B.W. St. Franziskus Abensberg, Christophorus-Werk Lingen e. V. und Bugenhagen BBW Timmendorfer Strand von Juli 2019 bis September 2021, wurde vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales aus Mitteln der Ausgleichsabgabe gefördert. Unternehmen berichteten im Rahmen einer qualitativen und quantitativen Untersuchung über ihre Erfahrungen und benannten förderliche und hinderliche Faktoren bei der Beschäftigung von Mitarbeitenden mit Autismus.

Die Ergebnisse deuten zwar darauf hin, dass nachhaltige Beschäftigungsverhältnisse gerade durch eine qualifizierte Ausbildung, wie sie beispielsweise spezialisierte Berufsbildungswerke in Deutschland gewährleisten, forciert werden, es zeigte sich jedoch auch, dass bestimmte Rahmenbedingungen erforderlich sind, um sich positiv auf den Beschäftigungserhalt auszuwirken.

Die Studie legte offen, dass es Unternehmen häufig an Informationen mangelt zu den Schwierigkeiten, die im Zusammenhang mit der Beschäftigung von Autistinnen und Autisten im Unternehmen entstehen können. Gerade die unmittelbaren Kolleginnen und Kollegen haben meist keine konkreten Kenntnisse über die Hintergründe der autistischen Besonderheiten, weshalb Missverständnisse entstehen.

Um ihr volles Potenzial entfalten zu können, sind die meisten autistischen Menschen auf geeignete Rahmenbedingungen angewiesen. Neben der reizarmen Umgebungsgestaltung, der Arbeitsstrukturierung und Hilfsmitteln zum Zeitmanagement gehören hierzu auch Hilfen zur Gestaltung der Kommunikation. Während diese Elemente in den auf Autismus spezialisierten Ausbildungseinrichtungen zum Standard gehören, spielen sie in den Unternehmen noch eine untergeordnete Rolle.

Des Weiteren wirkt sich die langfristige Verfügbarkeit externer Ansprechpartnerinnen oder -partner positiv auf ein nachhaltiges Arbeitsverhältnis aus. Die Sensibilisierung für die Schwierigkeiten von autistischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Arbeitsplatz, die umfassende Beratung zum Thema autismusgerechte Arbeitsplatzgestaltung, zur Entwicklung geeigneter Kommunikationsformen zwischen autistischen Mitarbeitenden und dem Unternehmen sowie die langfristige Kontaktpflege gelten als Erfolgsgaranten.

Um das Wissen und die Kenntnisse zu Autismus in den Unterneh-men zu verbessern, wurde im Rahmen des Projektes eine Plattform entwickelt, die unternehmensgerechte Informationen zu dem Thema bereitstellt: www.autismusundarbeit.de.

Zudem wird empfohlen, dass die Träger der an der zweiten Schwelle beteiligten Institutionen Unterstützungsdesigns entwickeln, die finanzielle, beraterische und arbeitsstrukturierende Maßnahmen berücksichtigen. Diesbezüglich gilt es, zukünftig den Fokus von der Messgröße „erfolgreiche Vermittlung“ hin zur „nachhaltigen Beschäftigung“ zu verschieben und für geeignete finanzielle Rahmenbedingungen zu sorgen, die die dafür notwendigen Unterstützungsleistungen garantieren.

1Dalferth, M. (2017): Zur Beschäftigungssituation von Menschen aus dem autistischen Spektrum in Deutschland und in westlichen Gesellschaften. In: Autismus, 83, S. 35–38.