Der Wegweiser Rehabilitation in Leichter Sprache

Arbeitsweise der Prüfgruppe des Vereins Leben mit Handicaps e. V. Leipzig

Im Zuge der Änderungen des SGB IX mit Einführung des BTHG veröffentlicht die BAR eine Aktualisierung des Wegweisers Rehabilitation in Leichter Sprache. Der Wegweiser wird, wie bereits bei der ersten Übersetzung, in mehreren lebensweltbezogenen Einzelheften erscheinen. Das erste Heft zum BTHG und den Leistungen und Trägern der Reha ist durch Leben mit Handicaps e. V. in Leichte Sprache übertragen, von Menschen mit Lernschwierigkeiten geprüft und wird zeitnah veröffentlicht.

Beate Schlothauer macht eine Qualifizierung zur Bildungs- und Inklusionsreferentin im Projekt ehemals QuaBIS der Universität Leipzig und gehört zum inklusiven Team des Projekts Fachkraft Leichte Sprache. Sie hat langjährige Erfahrungen mit der Leichten Sprache und war Co-Forscherin im Projekt LeiSA (Leichte Sprache im Arbeitsleben) der Uni Leipzig. Sie arbeitet ehrenamtlich als Prüferin und Workshopreferentin für Leichte Sprache im Verein Leben mit Handicaps.

Ein wesentlicher Bestandteil der Erarbeitung des Wegweisers Rehabilitation in Leichter Sprache anhand der Regeln des Netzwerks Leichte Sprache e. V., ist die Zusammenarbeit mit der Zielgruppe. Hauptzielgruppe der Leichten Sprache sind Menschen mit Lernschwierigkeiten1. Die Zusammenarbeit bedeutet mindestens das Prüfen der Informationen in Leichter Sprache. Für eine gute Erarbeitung von Texten in Leichter Sprache besteht idealerweise eine inklusive Zusammenarbeit darüber hinaus. Die Zusammenarbeit mit Menschen mit Lernschwierigkeiten erleichtert den Übersetzerinnen und Übersetzern das Einfühlen in deren Lebenswelt.

Die Prüfungen von Texten in Leichter Sprache sind aus mehreren Gründen wichtig. Die Texte und Informationen sollen für die Zielgruppe verständlich sein. Das Textverständnis von Menschen mit Lernschwierigkeiten kann sich von dem anderer Menschen unterscheiden. Daher ist es notwendig, sie als Expertinnen und Experten ihrer Lebenswelt zu befragen, wie sie den Text wahrnehmen und verstehen. Die Informationen sollten auf eine Art und Weise aufbereitet sein, die für die Zielgruppe leicht und intuitiv zugänglich ist. So ist es beispielsweise hilfreich, auf bestimmte Layout-Kritierien zu achten. Absätze machen neue Gedanken deutlich und helfen Leserinnen und Lesern Gedankenpausen vor dem nächsten Thema einzulegen.

Darüber hinaus achten die Prüfpersonen außerdem auf folgende Fragen:

  • Sind die Wörter bekannt?
  • Gibt es Abkürzungen?
  • Sind lange Wörter gut getrennt mit Bindestrich?
  • Sind Fremdwörter verständlich erklärt
  • Werden immer die gleichen Wörter für die gleiche Sache benutzt?
  • Sind die Bilder geeignet und aussagekräftig?

Jan Schlothauer arbeitet in der Werkstatt für behinderte Menschen der Diakonie am Thonberg im Bereich Papier- und Verpackung und kam durch seine Frau zur Leichten Sprache. Auch er interessiert sich sehr für die Leichte Sprache und prüft Texte bei Leben mit Handicaps e. V.

Die Prüfgruppe des Vereins Leben mit Handicaps e. V. hat das erste Heft des Wegweisers Rehabilitation in Leichter Sprache geprüft. Zwei Mitglieder der Prüfgruppe erzählen, wie sie die Informationen auf Verständlichkeit geprüft haben.

1. Wie prüfen Sie? Prüfen Sie alleine oder in einer Prüfgruppe?

J: In einer Gruppe prüfen wir. Momentan prüfen wir mit sechs Leuten an zwei Tagen jeweils zu dritt.
B: Wir prüfen in der Gruppe an unterschiedlichen Texten. Wir haben einen Text vor uns liegen und sollen die Regeln der Leichten Sprache prüfen. Manchmal weichen wir von den Regeln ab, wenn es nicht anders geht. Zum Beispiel nutzen wir das Gendersternchen, auch wenn es ein Sonderzeichen ist. Textänderungen besprechen wir im Team mit der Übersetzerin.

2. Wie haben Sie den ersten Teil des Wegweiser Rehabilitation geprüft?

J: Wegen Corona haben wir das über Zoom geprüft.
B: Das war anstrengend. Ich habe eine Seheinschränkung und kann nicht gut am Rechner arbeiten. Für mich ist es besser, wenn die Texte ausgedruckt vor mir liegen in einer großen Schriftgröße.
J: Für das ganze Heft haben wir mehrerer Termine gebraucht. Wir prüfen pro Termin zwei Stunden.
B: Wir haben darauf geachtet, ob der Text gut zu verstehen ist. Dazu hat die Prüfassistentin viele Fragen zum Text gestellt. Es war schwer, die Fragen zu beantworten.

3. Worauf achten Sie beim Prüfen?

J: Ich achte darauf, dass es möglichst für jeden verständlich ist. Ich achte auch darauf, die Regeln anzuwenden. Zum Beispiel, ob lange schwierige Wörter mit Bindestrich getrennt sind. Auf die Absätze achte ich noch, ob Aufzählungen übersichtlich sind und alles richtig geschrieben ist.
B: Ich achte ganz streng auf die Regeln und auf die Farben. Außerdem, ob die Bilder gut gemacht sind. Der Inhalt von Texten in Leichter Sprache muss gut zu verstehen sein. Darauf achte ich.

4. Welche Themen des erste Heftes sind für Sie wichtig?

J: Teilhabe am Arbeitsleben und Rehabilitation. Bei Teilhabe am Arbeitsleben steht drin, dass Menschen mit Behinderung auch arbeiten können und wie. Und bei Rehabilitation steht drin, wie sie behandelt werden können. Damit sie wieder arbeiten können. Die WfbM ist im Prinzip auch ein Teil der Rehabilitation und ist dazu da, um Leute in den ersten Arbeitsmarkt zu kriegen. Wenn das nicht klappt, ist man trotzdem abgesichert. Das ist praktisch eine Maßnahme. Deswegen ist die WfbM nicht der erste Arbeitsmarkt.
B: Für mich ist Teilhabe wichtig. Dass ich mehr darüber erfahren habe. Und über Arbeit. Welche Rechte ich habe.

5. Welche Themen fanden Sie schwer zu verstehen?

J: Ich fand nichts schwer.
B: Ich fand es schwer, die Leistungs-Träger und die Gesetze zu verstehen. Welche Anträge man braucht, finde ich schwer zu verstehen, wenn es nicht in der Leichten Sprache ist. Deshalb ist der Text in Leichter Sprache gut.

6. Welche Themen wünschen Sie sich noch?

B und J: Da fällt uns gerade nichts ein. Wir sind schon gespannt auf die nächsten Hefte.

Haben Sie vielen Dank für das Gespräch.

1 Der Begriff Menschen mit Lernschwierigkeiten ist von den Selbstvertretern gewählt und wird hier deshalb für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen (geistigen Behinderungen) verwendet.