Auf dem Weg

Eingliederungshilfe im Kreis Pinneberg

Auf dem Weg – so lässt sich der Stand der Dinge in Sachen Bundesteilhabegesetz aus Sicht des Kreises Pinneberg am besten beschreiben. Gemeinsam mit der UN-Behindertenrechtskonvention ist das BTHG handlungsleitend für die Sozialplanung. Die dort verankerten Prinzipien sind unsere Wertepfeiler.

Das BTHG hat die Kreisverwaltung Pinneberg veranlasst, am 1. Januar 2022 den Fachdienst Teilhabe zu gründen. Die Leistungen des SGB IX sind damit organisatorisch von den Leistungen des SGB XII getrennt worden. Im  Ü18-Bereich haben nun drei Sozialraumteams sowie ein Team für die Eingliederungshilfe für Minderjährige die Aufgabe, die sozialräumliche Arbeit zu entwickeln. Die multiprofessionell organisierten Teams decken sowohl das Fallmanagement (Verwaltung) als auch die Teilhabeplanung (Sozialpädagogik) ab.

Die Fallarbeit läuft im Tandemverfahren. Ein Fallmanager und ein Teilhabeplaner führen gemeinsam und gleichberechtigt das Gesamtplanverfahren durch. Dazu gehören Erstberatung, Bedarfsermittlung, Zielvereinbarung und schließlich die Erstellung des Gesamtplans. Darüber hinaus sind Aufgaben des Tandems, die Leistungsberechtigten zu beraten, an Arbeitsgruppen teilzunehmen sowie die Führungskräfte zu beraten.

Der Fachdienst Teilhabe setzt somit die Kernidee des BTHG bereits in großen Teilen um: Selbstbestimmung und Wille der Leistungsberechtigten, individuelle Gesamtplanung sowie fachliche Einschätzung der Barrieren, der Teilhabeeinschränkungen und des Bedarfs. Für unsere tägliche Praxis haben wir Prozesse entwickelt, die die einzelnen Tätigkeiten im Gesamtplan beschreiben und mit Zeitanteilen versehen. Zudem nutzen wir ein Qualitätsmanagement (Qualitätszirkel). Die Mitarbeitenden werden umfangreich weitergebildet und wir haben das Prinzip der agilen Arbeit eingeführt. Zu vielen fachlichen Themen gibt es AGs, die Leitungskräfte sind in AGs auf Landesebene vertreten. Wir arbeiten im Fachbereich Familie, Teilhabe und Soziales generell übergreifend und vernetzt. So pflegen wir den Austausch innerhalb des Teams genauso wie zu den Schnittstellen in den Fachdiensten Soziales, Gesundheit und Jugend.

Zusammenarbeit intensiviert

Auch die Zusammenarbeit mit den Leistungserbringern haben wir intensiviert. Es gibt zahlreiche Ideen und Vorschläge, um das BTHG gemeinsam mit Leben zu füllen. Ein Beispiel ist die Arbeit mit Systemprüfern, ein anderes die Entwicklung alternativ ausgestalteter Wohnformen. Mit der Erfahrung kommt die Sicherheit. Es ist deutlich zu spüren, dass die Mitarbeitenden zunehmend mehr fachliche Kompetenz entwickeln und dadurch in der Interpretation des BTHG entscheidungsfreudiger werden. Dies unterstützen eine professionsübergreifende Arbeitsgruppe, ein detailliert ausgearbeitetes Wiki per One Note und eine Leitungsrunde Grundsatzangelegenheit. Diese klärt verbindlich bei rechtlichen und fachlichen Fragestellungen.

Ein gutes Netzwerk hilft: Mit der BA stehen wir in einem regen Austausch. Unser Fachdienst und einige Leistungserbringer sind im Projekt „Inklusion vor Ort“ der Aktion Mensch vertreten. Es könnten aber gern noch mehr partizipative Elemente eingeführt werden. Wichtig wären außerdem feste Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen, die es zum Teil schon gibt, die zum Teil aber noch den Status einer Interimslösung haben.

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass der Fürsorgegedanke noch tief verwurzelt ist. Das gilt für die Angehörigen von Leistungsberechtigten und bei rechtlichen Betreuern, zum Teil aber auch bei Leistungserbringern und zum Teil bei Mitarbeitenden im Fachdienst Teilhabe. Hier ist eine neue Haltung gefragt, ein Wandel des Mindsets, der bereits beim fachlichen Terminus beginnt, etwa die klare Unterscheidung zwischen qualifizierenden Leistungen und Leistungen zur Begleitung und Übernahme, der Wunsch und der Wille des bzw. der Leistungsberechtigten.

Die Schnittstellenarbeit muss noch zielgerichteter ausfallen – sowohl intern als auch extern. Denn feststeht: Leistungsberechtige dürfen nicht an internen Hürden scheitern. In den gesetzlichen Bestimmungen sind viele Paragrafen in ihrer Anwendung noch nicht eindeutig. Die Rechtsprechung wird hier einen Fortschritt bringen. Es fehlen zudem individuelle Angebote der Leistungserbringer zur Deckung der Leistungen. Wir brauchen den inklusiven Sozialraum – vor allem fehlt es an Partizipation: Immer noch wird mehr über Menschen mit Behinderung gesprochen als mit ihnen. Klar ist: Auf dem Weg zu einer erfolgreichen Umsetzung des BTHG braucht es den Austausch und die enge Kooperation sämtlicher Partner.