Roland Schulz, Geschäftsführer "Wissensimpuls" (Unternehmensberatung mit Schwerpunkt Arbeit und Gesundheit)

Welche Werkzeuge des Wissensmanagements gibt es und welche davon sind aus Ihrer Sicht besonders hervorzuheben?
Wissensmanagement sorgt dafür, dass der Einzelne im (Arbeits-)Alltag handlungsfähig ist. Am Beispiel der Reha-Beratung wäre diese Handlungsfähigkeit dann gegeben, wenn jemand zu den besten  Fördermöglichkeiten kompetent beraten wird. Das kann auf drei verschiedenen Ebenen erreicht werden: Mensch, Technik und Organisation. Werkzeuge aus dem Bereich „Mensch“ sind meist sehr individuell und schwer von außen zu steuern, bspw. kontaktiert ein Berater aus der Servicestelle einen Experten, den
er oder sie auf einer Tagung kennengelernt hat. Dabei ist jeder für sich selbst verantwortlich, diese Kontakte zu knüpfen. Werkzeuge aus dem Bereich „Technik“ lassen sich meist sehr gut der breiten Masse zuführen,
berücksichtigen aber selten die individuellen Wissenslücken. So kann bspw. eine Wissensdatenbank bereitgestellt werden, die alle relevanten Informationen enthält. Allerdings werden die Nutzer dieser Datenbank
an ganz unterschiedlichen Stellen Wissenslücken haben und daher unterschiedlich bei der Suche vorgehen. Hinzu kommt der hohe Aufwand für eine vollständige Wissensbasis. Die organisatorischen Werkzeuge
sind meist in Form von Besprechungen oder Expertengruppen zu fi nden. Letztlich sind aber nicht die einzelnen Maßnahmen entscheidend, sondern eher die ganzheitliche Einbindung: Möchte ich eine Wissensdatenbank
integrieren, dann brauche ich auch Nutzer, die am Wissensaustausch interessiert sind und mitwirken sowie eine
Organisation, die Mitarbeitern die zeitlichen Ressourcen zur Verfügung stellt.

Welchen Zusammenhang sehen Sie zwischen Vernetzung und Wissensmanagement?
Wissensmanagement zeigt ganz deutlich, dass niemand eine Insel ist: Für den langfristigen Erfolg ist eine starke Vernetzung unabdingbar. Wo es zu Zeiten Goethes noch Universalgenies gab, gibt es heute Experten
in einzelnen Fachbereichen. Dies wirkt sich auf unsere Arbeitswelt aus: Wir müssen wissen, wo wir an das Wissen herankommen. Und sobald es komplexer wird, sind dafür (persönliche) Kontakte unerlässlich.
In bestimmten Bereichen sehen wir diese Vernetzung als vollkommen normal an: Niemand wundert sich, dass es neben dem Hausarzt auch dutzende Fachärzte gibt. Hier ist die Vernetzung sehr standardisiert und wird auch von allen gefordert. Und der Bereich der Rehabilitation bietet mit seiner breiten Träger-Landschaft ebenfalls Experten für verschiedene Lebenslagen. Allerdings muss man bei der Vernetzung zwischen der organisierten und der informellen Vernetzung unterscheiden. Wissensmanagement muss sich nicht immer nur auf groß angelegte organisatorische Ansätze berufen, sondern manchmal helfen auch informelle Gespräche (z. B. während des Mittagessens).

Wie gelingt aus Ihrer Sicht der Transfer des Themas Wissensmanagement in die Praxis? Geben Sie uns bitte ein Beispiel aus Ihrem Berufsalltag.
Die größten Hürden beim Wissensmanagement sind nach wie vor das mangelnde Interesse bei den Betroff enen („Ich möchte schon gern mehr wissen – aber wozu sollte ich die Zeit aufbringen, jemand anderem
etwas zu erklären?“) und den Organisationen („Austauschen können sich unsere Mitarbeiter doch jederzeit nebenbei.“). Wir planen zu selten Ressourcen für Wissensmanagement ein und wenn wir es doch versuchen,
dann meist in zu großen Schritten. Auch einfache Werkzeuge wie das Bereitstellen von Expertenlisten können die Arbeit deutlich erleichtern.
Die eigene Projekterfahrung bestätigt das: Erfolgreich liefen Wissensmanagementprojekte immer dann, wenn von Beginn an alle Betroff enen einbezogen wurden. Dies sorgt für Motivation und einen langen Atem. Darüber hinaus muss auch frühzeitig der Aufwand kommuniziert werden: So sind Piloteinsätze/Simulationen mit den Beteiligten für Wissensmanagementwerkzeuge unerlässlich und auch die Ressourcen für die Durchführung und Aufrechterhaltung müssen von Anfang an klar benannt werden.