Anschlussrehabilitation bei onkologischen Erkrankungen – Perspektive und Spektrum der Krebs-Selbsthilfe

von Erich Grohmann, Deutsche ILCO e.V., Ursel Wirz, BRCA-Netzwerk e.V., Dr. Stefanie Houwaart, HKSH-BV

Onkologische Erkrankungen haben umfassende körperliche und psychische Auswirkungen auf die erkrankten Menschen. Beeinträchtigungen reduzieren und die Menschen auf den Umgang mit einer neuen gesundheitlichen Situation vorbereiten, das sind zentrale Ziele einer Anschlussrehabilitation (AHB) nach einer Krebserkrankung. Die Krebs-Selbsthilfe leistet dabei einen wichtigen Beitrag.

Krebserkrankungen und ihre Therapien sind ein gravierender Einschnitt in den Lebensalltag der Erkrankten und ihrer Familien. Nach einer operativen oder therapeutischen Behandlung einer Krebserkrankung hat die Rehabilitation daher einen besonderen Stellenwert. Ihre Aufgabe ist es dann, aufgetretene Funktions- und Fähigkeitsstörungen zu beseitigen oder zumindest zu  minimieren. Sie unterstützt Betroffene, Lebensqualität zurück zu gewinnen, die Fähigkeit selbstbestimmt und selbständig den Alltag zu meistern sowie gleichberechtigt am sozialen und  beruflichen Leben teilzuhaben.

Krebs-Selbsthilfe als Teil der Anschlussrehabilitation

Um in der onkologischen Rehabilitation optimale Voraussetzungen für eine Verbesserung der Lebensqualität und Lebensfreude zu schaffen, ist ein gemeinsames Handeln mit der Selbsthilfe ein wichtiger Baustein Ursel Wirz; BRCANetzwerk e.V. (Hilfe bei familiären Krebserkrankungen) Die Rehabilitation • Reha-Info der BAR 3/2020 VII der Reha. Die Krebserkrankung „hinter sich zu lassen“ oder mit ihr zu leben, kann besser und erfolgreicher bewältigt werden, wenn schon früh Kontakt mit Gleichbetroffenen hergestellt wird. Aus Sicht der Krebs-Selbsthilfe sollte dies schon in der AHB ermöglicht werden. Eine gute Grundlage bilden dazu fest verankerte Veranstaltungen der Krebs-Selbsthilfe im Therapieplan. Durch Gleichbetroffene geleitete Gruppen-  oder Einzelgespräche sowie Vorträge über die Erfahrungen bei der Bewältigung der Krankheit sind wichtige Informationsquellen für die Betroffenen. Diese Veranstaltungen sollten im dreiwöchigen Zyklus in den Reha- Kliniken angeboten werden und fester Teil jeder AHB infolge von Krebserkrankungen sein.

Gute Zusammenarbeit als Grundlage für Erfolg

Gemeinsame Vereinbarungen zwischen Reha-Kliniken und Selbsthilfeorganisationen sind die Voraussetzung für eine hochwertige Leistung der Selbsthilfevertretenden. Dies fordert von den Selbsthilfeverbänden, dass sie ihre Mitglieder gut auf diese Tätigkeit vorbereiten und qualitätsgesicherte Informationsmaterialien zur Verfügung stellen. Am Beispiel der ILCO e.V. zeigt sich, dass ein gemeinsames Handeln für alle einen großen Nutzen hat. Bundesweit bestehen mit 44 Reha-Kliniken Vereinbarungen über eine Kooperation, 2018 haben 3.433 Betroffene an den Gruppengesprächen der ILCO teilgenommen. Mit etwa 500 Betroffenen wurden während der AHB weiterführende Einzelgespräche durchgeführt.
Transparenz und effektive Rahmenbedingungen sind dafür wichtige Voraussetzungen. Nur gemeinsam gelingt es, eine gute Kooperation aufzubauen. Mit der Selbstverpflichtung der Reha-Kliniken zur Berücksichtigung, Beteiligung und Förderung der Selbsthilfe im Reha-Prozess ist es möglich, sich effektiv zu vernetzen. Nach der Reha ist zudem ein weiterführender Kontakt zur Selbsthilfe für viele Betroffene wichtig, um ein Höchstmaß an psychosozialen, emotionalen und kognitiven Kompetenzen zu erlangen.

Hintergrund
Das HKSH-BV wurde 2015 gegründet und vereint zehn bundesweit organisierte Krebs-Selbsthilfeverbände mit etwa 1.500 Selbsthilfegruppen. Das HKSH-BV und seine Mitgliedsverbände sind gemeinnützig und werden umfassend von der Stiftung Deutsche Krebshilfe gefördert, unter deren Schirmherrschaft sie stehen.
Weitere Informationen finden Sie hier >> Haus der Krebsselbsthilfe

 

Besondere Bedeutung der Selbsthilfe

Die Erfahrungen zeigen, wie wertvoll für alle die Treffen in der Gruppe sind. Das persönliche Gespräch – ob bei einer Veranstaltung in der AHB oder in einer Selbsthilfegruppe vor Ort – ist durch nichts zu ersetzen und für die meisten Betroffenen von großer Bedeutung. Die Selbsthilfe bietet eine ergänzende, eine komplementäre Information. Sie will keine professionelle Leistung ersetzen, sondern sie will diese Leistungen unterstützen. Sie will mit den Worten der Betroffenen Verständnis für notwendige Therapien fördern und Neugier auf die Angebote wecken. Im Ergebnis wissen Betroffene, die in einer Selbsthilfegruppe integriert sind oder die Vorträge der Selbsthilfe in den Reha-Kliniken besucht haben, mehr über ihre Krankheit. Sie achten verstärkt auf Veränderungen und sich anbahnende Komplikationen und sprechen offener über sich und ihre Sorgen. Das alles kann den Reha-Prozess und die weitere Krankheitsbewältigung positiv beeinflussen. Eine Besonderheit ist seit 2019 die Zulassung der onkologischen AHB für gesunde Frauen mit erheblicher Krebsveranlagung nach prophylaktischer Mastektomie und/ oder Ovarektomie. Denn auch diese vorbeugenden Maßnahmen können die Leistungsfähigkeit und Lebensqualität einschränken.

Das Haus der Krebs-Selbsthilfe (HKSH-BV)

Die Mitgliedsverbände des Hauses der Krebs-Selbsthilfe – Bundesverband e.V. fördern in unterschiedlichster Weise die Information und den Austausch in den Reha-Kliniken. Die verschiedenen Krebserkrankungen und ihre Behandlung haben unterschiedliche Nebenwirkungen und Folgen. In persönlichen Gesprächen mit den Vertretenden der Selbsthilfeorganisationen, mit Gleichbetroffenen, können wir auf die Erfahrungen tausender Betroffener zurückgreifen und Unterstützung geben. Wir beraten nicht, wir informieren über Informationsquellen, über eigene oder verbandsinterne Erfahrungen.