Die Geriatrische Rehabilitation

Die geriatrietypische Multimorbidität und die schwindende Regenerationsfähigkeit betagter und hochbetagter Menschen stellen besondere Anforderungen an die geriatrische Versorgung. Geriatrie – auch Altersmedizin genannt – befasst sich mit Erkrankungen und Unfallfolgen bei Menschen, die zumeist älter als 65 Jahre sind und in der Regel mehrere Erkrankungen gleichzeitig haben. Geriatrie als medizinische Spezialdisziplin ist erst seit ungefähr 30 Jahren in Deutschland etabliert.

Im Fokus geriatrischer Behandlungen stehen zumeist Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems wie etwa Bluthochdruck und Herzinfarkt, neurologische Erkrankungen, wie zum Beispiel Schlaganfall, sowie orthopädische und chirurgische Erkrankung, wie zum Beispiel Arthrose und sturzbedingte Verletzungen. In Deutschland findet Geriatrie in Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken sowie in ambulanten Versorgungsstrukturen statt. In den einzelnen Bundesländern hat die historische Entwicklung aufgrund unterschiedlicher politischer Planungsansätze und der gesetzlichen Rahmenbestimmungen zu verschiedenen geriatrischen Versorgungsstrukturen beziehungsweise Schwerpunktsetzung geführt (Tabelle 1).

Was ist eine geriatrische Rehabilitation?

Die geriatrische Reha ist eine spezielle Form der Rehabilitation. Sie ist für die besonderen Bedürfnisse betagter multimorbider Menschen konzipiert und bietet in diesem Kontext mehr als organspezifische Rehabilitation. Im Gegensatz zur indikationsbezogenen Rehabilitation steht bei einer geriatrischen Rehabilitation der ganzheitliche und interdisziplinäre Ansatz im Fokus. So arbeitet ein geriatriespezifisches Behandlungsteam zusammen, das aus Ärzten, Pflegepersonal, Physio- und Ergotherapeuten, Logopäden, Psychologen sowie Sozialarbeitern besteht. Dieses multiprofessionelle Team berücksichtigt die alterstypischen Einschränkungen und Erkrankungen geriatrischer Patienten mitsamt ihren Folge- und Wechselwirkungen, um die bestmögliche Selbstständigkeit und Mobilität älterer Menschen zu erlangen.

Voraussetzungen

Laut „Rahmenempfehlungen zur ambulanten geriatrischen Rehabilitation des GKVSpitzenverbandes und der Verbände der Krankenkassen auf Bundesebene“ sind zur Klärung der Notwendigkeit einer Leistung zur geriatrischen Rehabilitation drei Voraussetzungen zu erfüllen:

  • der Rehabilitand muss in der Regel 70 Jahre alt sein,
  • mindestens zwei für die Geriatrie typische Erkrankungen aufweisen
  • sowie rehabilitationsbedürftig und rehabilitationsfähig sein.

Diese Voraussetzungen gelten für alle Arten der geriatrischen Rehabilitation. Einen Antrag auf geriatrische Rehabilitation stellt der Hausarzt oder der Arzt in Zusammenarbeit mit dem Sozialdienst des Krankenhauses, in dem der geriatrische Patient behandelt wird.

Dauer

In der Regel dauert eine geriatrische Rehabilitation 20 Tage und wird zumeist stationär erbracht, sie kann allerdings auch ambulant oder als Mobile Geriatrische Rehabilitation, die eine Sonderform der ambulanten Rehabilitation dargestellt, erfolgen. Darüber hinaus kann mit Zustimmung der Krankenkasse eine Verlängerung vorgenommen werden.

Welche Neuerungen im Bereich Reha und Pflege gibt es?

Am 15. Januar 2019 haben sich GKV-Spitzenverband, Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und elf für die Erbringung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation maßgebliche Verbände auf Bundesebene unter Moderation des erweiterten Bundesschiedsamts auf den seit 2015 verhandelten Rahmenvertrag Entlassmanagement-Reha verständigt.
Ziel des Entlassmanagements ist es, Rehabilitanden eine lückenlose medizinische beziehungsweise pflegerische Anschlussversorgung zu sichern. Insbesondere wird bei einer geriatrischen Rehabilitation das frühzeitige Augenmerk auf die Entlassplanung sowie die ambulante Nachsorge gelegt, da der Erfolg der Rehabilitation auch im häuslichen Umfeld mit weiteren Maßnahmen stabilisiert werden muss.
Der Rahmenvertrag ist am 1. Februar 2019 für alle Rehabilitationseinrichtungen in Kraft getreten. Die Rehabilitationseinrichtungen haben sechs Monate Zeit, bis sie alle Regelungen des Rahmenvertrages umsetzen müssen.

Wo liegen Potenziale und Herausforderungen?

Die Personalnot in den Bereichen Pflege und Therapeuten ist längst manifest und zählt zu den größten Herausforderungen im Gesundheitswesen. Auch die Politik sieht sich in der Pflicht, den Fachkräftemangel in der Pflege verstärkt anzugehen. Hierfür hat der Gesetzgeber mit dem Pflegepersonalstärkungsgesetz (PpSG) ein Gesetz geschaffen, womit das Pflegepersonal entlastet und gegen die Unterbesetzung in der Pflege vorgegangen werden soll. Das PpSG beinhaltet jedoch nahezu ausschließlich finanzielle Maßnahmen zur Refinanzierung von Pflegekräften in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Rehabilitationskliniken wurden im PpSG nicht berücksichtigt. Das birgt die Gefahr, dass Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen in großem Umfang Pflegekräfte aus Rehabilitationseinrichtungen abwerben könnten. In Anbetracht des demografischen Wandels zu einer immer älteren Bevölkerung stellt die wohnortnahe Erreichbarkeit von geriatriespezifischen Rehabilitationseinrichtungen eine weitere Herausforderung dar. Diese ist derzeit nicht flächendeckend gegeben. Daher ist ein entsprechender Ausbau geriatriespezifischer Versorgungskonzepte unerlässlich, insbesondere, da der Bedarf auch in den nächsten Jahren weiter deutlich ansteigen wird (vgl. Tabelle 2).

Häufig führt der Versorgungsansatz in der Geriatrie zu Problemen im Finanzierungssystem. Das geriatrische Behandlungskonzept beruht unter anderem auf interdisziplinärer, multiprofessioneller Therapie, die mit hohen Personalkosten verbunden ist. Hinsichtlich dieses Aspekts zählt die geriatrische Rehabilitation – im Vergleich zur indikationsbezogenen Rehabilitation – zu den eher hochpreisigen Versorgungformen. Da im deutschen Gesundheitssystem eine strikte Trennung von Akutbehandlung und Rehabilitation herrscht, wird die angemessene Versorgung von geriatrischen Patienten oftmals erschwert. Hier gilt es vernetzte Versorgungsstrukturen zu etablieren, um die bestehenden Budget- und Sektorengrenzen zu überbrücken.