Schnittstellen und vertiefende Analysen

Der vierte Teil der Auswertungen beschäftigt sich mit Schnittstellen zu Versorgungsbereichen, die der medizinischen Rehabilitation von Long COVID-Patienten vor- und nachgelagert sind. Zudem werden vertiefende Analysen präsentiert, die ein differenzierteres Bild von der aktuellen Versorgungslage von Long COVID-Patienten in den Reha-Einrichtungen liefern. Diese Vertiefungen knüpfen an den zweiten und dritten Teil der Ergebnisse an.

Grundlage der folgenden Analysen sind Angaben von insgesamt 173 Reha-Einrichtungen. Dabei handelt es sich um Reha-Einrichtungen, die aktuell oder in den letzten Monaten seit Beginn der Pandemie Rehabilitanden mit einer Long COVID-(Zusatz)Diagnose in der Einrichtung behandeln oder behandelt haben.

Zugang in die medizinische Rehabilitation

Dauer zwischen COVID-19-Infektion und Rehabilitation

Von den befragten Einrichtungen machen 122 eine Angabe dazu, wie viel Zeit durchschnittlich zwischen der COVID-19-Infektion und dem Beginn der medizinischen Reha bei Long COVID liegt. Die Angaben streuen stark. Es werden Dauern zwischen einer Woche und einem Jahr nach der Infektion berichtet. Teilweise werden auch Zeitkorridore angegeben (z.B. „8 bis 12 Wochen“). Um hier statistische Auswertungen zu ermöglichen, wird in diesen Fällen der Mittelwert des genannten Zeitfensters gebildet (im Beispiel: „10 Wochen“).

Über alle befragten Reha-Einrichtungen ergibt sich ein durchschnittlicher Wert von rund 15 Wochen, die zwischen COVID-19-Infektion und dem Beginn einer Reha bei Long COVID liegen. Zu beachten ist, dass der Median 12 Wochen beträgt und eine hohe Standardabweichung (SD) zu verzeichnen ist. Im Mittel treten Rehabilitanden mit Long COVID die medizinische Reha also etwa drei bis vier Monate nach der Infektion an.

Erwartungsgemäß korreliert die Dauer zwischen Infektion und Reha-Antritt mit der Wartezeit bis zum Beginn der Rehabilitation (r = 0,365; p < 0,001). Signifikante Zusammenhänge zwischen der Dauer bis zum Reha-Antritt und Vorliegen ausreichender Kapazitäten für die Behandlung von Long COVID ergeben sich nicht.

Sicherheit der Diagnose bei Antritt der medizinischen Rehabilitation

Die Evidenzbasierung zu Long COVID wird wegen der Dynamik der Thematik und ihrer empirischen Grundlagen erst nach und nach aufgebaut. Das zeigt sich auch in Nomenklatur und Diagnosestellung, vgl. dazu z.B. die im Oktober 2021 (im Anschluss an diese Befragung) veröffentlichte vorläufige Arbeitsdefinition von Post COVID durch die WHO (Link). Entsprechend schwierig gestaltet es sich daher für die Versorgungspraxis, eine eindeutige Diagnose zu stellen oder Long COVID von Post COVID u.a. aufgrund ihrer zeitlichen Charakteristika voneinander abzugrenzen. Vor diesem Hintergrund wird Long COVID häufig aktuell als Sammelbegriff für gesundheitliche Langzeitfolgen nach einer COVID-19-Infektion verwendet.

Die Reha-Einrichtungen berichten im Durchschnitt, dass nur etwa 38% der behandelten Rehabilitanden mit Long COVID bei der Aufnahme eine gesicherte Long COVID-Diagnose aufweisen. Die Standardabweichung beträgt hier ebenfalls 38 Prozentpunkte. Es zeigt sich eine trimodale Verteilung: Rund die Hälfte der Reha-Einrichtungen gibt den Anteil der Long COVID-Rehabilitanden mit sicherer Diagnose mit 20% oder weniger an. Dem gegenüber steht rund ein Fünftel der Reha-Einrichtungen, die angeben, dass mehr als 80% der Long-COVID-Rehabilitanden bei Aufnahme eine sichere Diagnose aufweisen. Die übrigen Reha-Einrichtungen berichten einen Anteil zwischen 21% und 80%, wobei eine weitere Häufung bei 41% bis 50% zu erkennen ist. Aussagen dazu, ob Eingangs- und Entlassungsdiagnose übereinstimmen, wurden nicht erhoben.

Vorausgegangene Behandlungen der Long-COVID-Rehabilitanden

Insgesamt haben 115 Einrichtungen Angaben dazu gemacht, aus welchen vorgelagerten Versorgungsstrukturen die Rehabilitanden mit Long COVID in die medizinische Reha gelangen. Die befragten Reha-Einrichtungen schätzten dafür, welcher Anteil der Rehabilitanden jeweils

  • nach stationärer Akutbehandlung im Krankenhaus,
  • nach ambulanter ärztlicher Behandlung oder
  • ohne vorausgegangene Akutbehandlung

in der Reha-Einrichtung behandelt wird bzw. wurde.

Über alle Befragten ergibt sich die folgende Verteilung:

Wie die nachfolgende Abbildung zeigt, kommen alle drei Zugänge in die medizinische Rehabilitation mit substantiellen Anteilen von 43% (nach akut), 35% (nach ambulant) und 22% (ohne vorausgegangene Akut-Behandlung) vor. Zu beachten ist, dass in der Praxis der Leistungsbewilligung die ambulanten Therapiemöglichkeiten umfänglich ausgeschöpft sein müssen, um eine Rehabilitationsleistung zu erhalten (Voraussetzung für die Gewährung einer Rehabilitation).

Reha-Einrichtungen, die Long COVID in neurologischen Fachabteilungen behandeln (rot), weisen einen höheren Anteil an Patienten auf, die direkt aus der Akutbehandlung im Krankenhaus in die Rehabilitation kommen. In Reha-Einrichtungen, die Long COVID in einer pneumologischen (gelb) oder psychosomatischen-psychotherapeutischen Fachabteilung (grün) behandeln, ist der Anteil der Rehabilitanden, die zuvor in ambulanter ärztlicher Behandlung waren, größer.

Die befragten Reha-Einrichtungen konnten in der Befragung freitextlich angeben, ob Unterschiede zwischen den Rehabilitanden aus den unterschiedlichen Zugängen bestehen. Insgesamt 53 Befragte machten hierzu eine Angabe. 22 davon berichten keine Unterschiede. Unterschiede werden von 17 Einrichtungen beschrieben. Bei Rehabilitanden, die nach einer stationären Akutbehandlung im Krankenhaus in die Reha kommen, seien oft schwerwiegendere Funktionseinschränkungen vorhanden, die auch eine Folge intensivmedizinischer Behandlung sein können. Zuvor ambulant behandelte Rehabilitanden seien hingegen eher von langanhaltenden oder spät auftretenden Symptomen wie Fatigue und kognitiven Einschränkungen betroffen.

Abschluss der Rehabilitation und weitergehende Behandlung

Nachsorgebedarf

Von 134 Reha-Einrichtungen geben 96 (72%) an, dass das Ausmaß und die Dauer des Nachsorgebedarfes bei Rehabilitanden mit Long COVID im Vergleich zu anderen Erkrankungen höher sind. Einen gegenüber anderen Indikationen vergleichbaren Nachsorgebedarf konstatieren 35 Einrichtungen (26%). Nur 3 befragte Einrichtungen (2%) schätzen den Nachsorgebedarf niedriger ein als bei anderen Indikationen.

Nachsorgeempfehlungen

In den Reha-Entlassungsberichten können von den Reha-Einrichtungen nachgehende Leistungen im Anschluss an die medizinische Rehabilitation empfohlen werden, die die Rehabilitanden nach der Rehabilitation weiter unterstützen. Erhoben wurde, welche nachgehenden Leistungen wie häufig bei Beendigung der Long COVID-Rehabilitation empfohlen werden. Jede der insgesamt 12 Nachsorgeempfehlungen war auf einer Skala von 1 (nie) bis 6 (sehr häufig) zu bewerten.

Die Grafik zeigt, dass zum Ende einer Reha bei Long COVID vielfältige Empfehlungen zur weiteren Behandlung gegeben werden. Am häufigsten werden Reha-Sport/Funktionstraining und komplexe Nachsorge-Programme der Reha-Träger nach einer Long COVID-Rehabilitation empfohlen. Fast ebenso häufig werden psychologische Angebote im Sinne von nachgehender psychologischer Beratung, Betreuung oder Psychotherapie angeregt. Die Empfehlung einer nachgehenden diagnostischen Klärung kann mit der Diagnosesicherheit von Long COVID zusammenhängen (siehe auch dort). Die Empfehlung einer stufenweisen Wiedereingliederung weist darauf hin, dass Long COVID mit einer längeren Arbeitsunfähigkeitsdauer (von mehr als 6 Wochen) einhergeht und die Betroffenen schrittweise an die volle Arbeitsbelastung herangeführt werden müssen. Aus der Empfehlung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Anschluss an die medizinische Rehabilitation lässt sich schlussfolgern, dass bei einem Teil der Long COVID-Patienten die Problematik einer gefährdeten Erwerbsfähigkeit besteht, die durch die medizinische Rehabilitation nicht gänzlich aufgelöst werden kann. Dies deckt sich auch mit der Einschätzung der Reha-Einrichtungen, die berichten, dass durch eine medizinische Reha bei Long COVID die Erwerbsfähigkeit nicht im gleichen Maße verbessert wird wie die Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Maßnahmen der Suchtberatung werden am seltensten angeraten. Hier ist jedoch auch zu beachten, dass Suchteinrichtungen unter den Respondern unterrepräsentiert waren.

Vertiefende Analysen von Einrichtungsclustern

Im zweiten Teil der Ergebnisse wurde untersucht, ob die Reha-Einrichtungen, in denen Rehabilitanden mit Long COVID behandelt werden, über ausreichende Kapazitäten und Voraussetzungen für die Reha bei Long COVID verfügen. Im Ergebnis wurden die Einrichtungen auf Basis dieser beiden Dimensionen vier Gruppen zugeordnet.

Die Kategorisierung zeigt, dass bei einer Mehrheit von knapp 65% der Reha-Einrichtungen ausreichend Kapazitäten und (personelle, räumliche, technisch-apparative) Voraussetzungen für die Reha bei Long COVID gegeben sind. Im Folgenden wird untersucht, inwiefern sich die Kapazitäten und Voraussetzungen nach bestimmten Einrichtungsmerkmalen unterscheiden, um zu prüfen, ob bestimmte Eigenschaften von Reha-Einrichtungen mit fehlenden bzw. ausreichenden Kapazitäten und Voraussetzungen assoziiert sind.

Vergleich nach Fachabteilungen

Untersucht wird, ob sich die Kapazitäten und Voraussetzungen für die Reha bei Long COVID in Abhängigkeit davon unterscheiden, ob in einer Einrichtung die Behandlung von Rehabilitanden mit Long COVID in bestimmten indikationsspezifischen Fachabteilungen stattfindet. Hierfür werden die Mittelwerte in den Indizes für Kapazitäten und Voraussetzungen verglichen.

Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Reha bei Long COVID, bestehen keine signifikanten Unterschiede zwischen Einrichtungen, die Long COVID in unterschiedlichen indikationsspezifischen Fachabteilungen behandeln. Bezüglich der Kapazitäten für die Reha bei Long COVID zeigen sich signifikante Unterschiede nur bei Einrichtungen, die Long COVID in einer pneumologischen Fachabteilung behandeln. D.h. Behandeln Reha-Einrichtungen Long COVID in pneumologischen Fachabteilungen, haben sie auch eher Kapazitätsengpässe für die Behandlung von Long COVID. Wie in der Grafik zu erkennen ist, beträgt der durchschnittliche Unterschied 1,4 Punkte auf der Skala von 1 bis 6. Der t-Test zeigt, dass die Unterschiede zwischen beiden Gruppen signifikant sind (p < 0,001). Die Varianzanalyse ergibt eine Varianzreduktion von 19,3%.

Von den Einrichtungen, die Long COVID in einer pneumologischen Fachabteilung behandeln, werden nicht nur eher fehlende Kapazitäten berichtet. In Einklang damit werden auch signifikant längere Wartezeiten auf einen Reha-Platz in der Einrichtung angegeben. Während die Wartezeit bei Einrichtungen ohne Long COVID-Behandlung in einer pneumologischen Fachabteilung durchschnittlich 4,4 Wochen beträgt, beträgt die Wartezeit bei Einrichtungen mit Long COVID-Behandlung in einer pneumologischen Fachabteilung durchschnittlich 10,1 Wochen. Der t-Test zeigt auch hier signifikante Unterschiede (p < 0,001).

Obwohl die Einrichtungen, die Long COVID in einer psychosomatischen Fachabteilung behandeln, keine niedrigeren Kapazitäten für Long COVID berichten, ist die durchschnittliche Wartezeit auf einen Reha-Platz dort mit durchschnittlich 7,3 Wochen deutlich länger als bei Einrichtungen ohne Long COVID-Behandlung in psychosomatischer Fachabteilung (4,9 Wochen). Es handelt sich um einen signifikanten Unterschied, wie der t-Test zeigt (p = 0,032).

Die Wartezeit bei Einrichtungen mit Long COVID-Behandlung in neurologischer Fachabteilung ist mit durchschnittlich 3,4 Wochen deutlich und signifikant kürzer als bei Einrichtungen ohne Behandlung in neurologischer Fachabteilung (6,8 Wochen; t-Test, p = 0,003). Dies kann damit zusammenhängen, dass eine neurologische Reha oftmals als Anschlussrehabilitation zeitnah nach akutem Krankenhausaufenthalt stattfindet (vgl. dazu neurologisches Phasenmodell).

Vergleich nach Nutzung eines Konzeptes

Weitere signifikante Unterschiede hinsichtlich der Kapazitäten und Voraussetzungen für die Behandlung von Long COVID finden sich zwischen Einrichtungen mit und ohne ein spezielles Behandlungskonzept für Long COVID.

Wie in der oberen Grafik zu erkennen ist, berichten Einrichtungen mit speziellem Konzept für die Behandlung von Long COVID eher fehlende Kapazitäten und eher ausreichende Voraussetzungen als Einrichtungen ohne ein solches Konzept. Der Welch-Test ergibt, dass die Gruppenunterschiede hinsichtlich der Kapazitäten und Voraussetzungen signifikant sind (p = 0,037 bzw. p = 0,019). Durch die Frage nach einem speziellen Long COVID-Konzept werden 2,8% der Varianz der Kapazitäten und 5,3% der Varianz der Voraussetzungen aufgeklärt. Dies zeigt, dass die Reha-Einrichtungen mit einem speziellen Konzept für die Reha bei Long COVID einerseits bessere Voraussetzungen für die Reha bei Long COVID aufweisen, andererseits aber eher kapazitive Mängel berichten.

Vergleich nach Einrichtungsgröße

Um zu untersuchen, ob sich die Größe der Einrichtungen auf die bestehenden Kapazitäten und Voraussetzungen zur Behandlung von Long COVID auswirkt, werden die Einrichtungen in drei Gruppen unterteilt und verglichen: Kleinere Einrichtungen (bis 150 Betten, N = 37), mittelgroße Einrichtungen (151 bis 250 Betten, N = 46) und größere Einrichtungen (über 250 Betten, N = 45). Mittels einfaktorieller Varianzanalyse werden die drei Gruppen auf Mittelwertunterschiede in ihren Kapazitäten und Voraussetzungen für die Reha bei Long COVID untersucht. Zwischen den Gruppen ergeben sich weder signifikante Unterschiede hinsichtlich der Kapazitäten (F (2, 125) = 0,165, p = 0,848) noch hinsichtlich der Voraussetzungen (F (2, 125) = 0,24, p = 0,787). Die Einrichtungsgröße führt zu einer Varianzaufklärung bei den Kapazitäten von 0,26%, bei den Voraussetzungen von 0,38%. Die grafischen Darstellungen unterstreichen dieses Ergebnis.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Vorhandensein von ausreichend Kapazitäten und Voraussetzungen für die Reha bei Long COVID nicht von der Einrichtungsgröße abhängt.

Vergleich nach Anteil der Long COVID-Rehabilitanden

Die kombinierte Analyse des prozentualen Anteils von Rehabilitanden mit Long COVID in der Reha-Einrichtung mit den Kapazitäten und Voraussetzungen für die Long COVID-Behandlung ergibt, dass Einrichtungen mit einem höheren Anteil an Rehabilitanden mit Long COVID eher fehlende Kapazitäten berichten. Es liegt eine signifikante, negative Korrelation von r = -0,551 (p < 0,001) vor. Das heißt: Einrichtungen, in denen ein größerer Anteil der Rehabilitanden mit Long COVID in der Einrichtung behandelt wird, berichten eher über kapazitive Engpässe für die Reha bei Long COVID. Ein Zusammenhang des Anteils von Long COVID Rehabilitanden mit den Voraussetzungen für die Reha bei Long COVID kann hingegen nicht festgestellt werden (r = -0,059; p = 0,509).

Varianzaufklärung von Kapazitäten und Voraussetzungen für Long COVID

Um zu untersuchen, welche Merkmale der Reha-Einrichtungen mit den Kapazitäten für Long COVID zusammenhängen und zu einer Varianzaufklärung beitragen, wird eine stufenweise, multivariate, Varianzanalyse angewandt. Der statistische Einfluss der einzelnen Einrichtungsmerkmale auf die berichteten Kapazitäten und Voraussetzungen lässt sich so vergleichen. So wird geprüft, ob die einzelnen Merkmale zu einer Varianzreduktion beitragen – also einen bedeutsamen Einfluss auf die Kapazitäten bzw. Voraussetzungen haben.

In den folgenden Tabellen wird dabei für jedes Einrichtungsmerkmal zunächst ausgewiesen, welchen Anteil der Varianz innerhalb der Kapazitäten bzw. Voraussetzungen dieses einzelne Merkmal aufklärt und ob der F-Test für das Modell signifikant ist. Zusätzlich wird die jeweils aufgeklärte Varianz durch Hinzunahme eines weiteren Merkmales ausgewiesen.

Die Einschätzung der Kapazitäten für die Reha bei Long COVID hängt ab von…

Variable / Faktor

Einfaktorielle Varianzanalyse

Schrittweise, multifaktorielle Varianzanalyse

R2

p-Wert

R2

p-Wert

Behandlung in kardiolog. FA (0/1)

0,008

0,308

0,008

0,308

Behandlung in pneumolog. FA (0/1)

0,193

<0,001***

0,234

<0,001***

Behandlung in neurolog. FA (0/1)

0,007

0,347

0,234

<0,001***

Behandlung in psych. FA (0/1)

0,002

0,642

0,235

<0,001***

Nutzung eines speziellen LC-Konzeptes (0/1)

0,028

0,057*

0,242

<0,001***

Bettenzahl

0,002

0,581

0,247

<0,001***

Anteil der LC-Rehabilitanden

0,303

<0,001***

0,336

<0,001***

*p < 0,1; **p < 0,05; ***p < 0,01

Die Tabelle zeigt, dass zwei Einrichtungsmerkmale signifikant mit den Kapazitäten für die Reha bei Long COVID assoziiert sind: Die Behandlung von Long COVID in einer pneumologischen Fachabteilung und der Anteil der Rehabilitanden in der Einrichtung mit Long COVID. Die schrittweise, multifaktorielle Varianzanalyse zeigt, dass der Einschluss beider Merkmale zu einer Steigerung der aufgeklärten Varianz führt. Da beide Merkmale auch miteinander assoziiert sind (höher Anteil von Rehabilitanden mit Long COVID in Einrichtungen mit Long COVID-Behandlung in pneumologischer Fachabteilung), führt der Einschluss beider Merkmale nur zu einer begrenzten Steigerung der aufgeklärten Varianz. Für die weiteren untersuchten Merkmale kann hingegen kein Effekt nachgewiesen werden.

Durch Einschluss der sieben Einrichtungsmerkmale wird insgesamt rund ein Drittel der Varianz der Kapazitäten für die Reha bei Long COVID aufgeklärt.

Die Einschätzung der Voraussetzungen für die Reha bei Long COVID hängt ab von…

Variable / Faktor

Einfaktorielle Varianzanalyse

Schrittweise, multifaktorielle Varianzanalyse

R2

p-Wert

R2

p-Wert

Behandlung in kardiolog. FA (0/1)

0,008

0,333

0,008

0,333

Behandlung in pneumolog. FA (0/1)

0,004

0,466

0,016

0,382

Behandlung in neurolog. FA (0/1)

0,001

0,740

0,016

0,578

Behandlung in psych. FA (0/1)

0,009

0,294

0,025

0,537

Nutzung eines spez. LC-Konzeptes (0/1)

0,053

0,008***

0,089

0,046**

Bettenzahl

0,013

0,198

0,129

0,012**

Anteil LC-Rehabilitanden

0,003

0,509

0,135

0,018**

 *p < 0,1; **p < 0,05; ***p < 0,01

Im Unterschied zu den Kapazitäten der Reha-Einrichtungen tragen weder die Behandlung von Long COVID in pneumologischer Fachabteilung noch der Anteil der Rehabilitanden mit Long COVID zu einer Varianzaufklärung der Voraussetzungen für die Reha bei Long COVID bei. Einen signifikanten Einfluss auf die Voraussetzungen hat nur das Vorhandensein eines speziellen Konzeptes für die Behandlung von Long COVID. Unter Einbeziehung aller Merkmale werden 13,5% der Varianz der Voraussetzungen aufgeklärt.

Zusammenfassend zeigen die Varianzanalysen, dass insbesondere Einrichtungen, die Long COVID in einer pneumologischen Fachabteilung behandeln und Einrichtungen, die einen höheren Anteil von Rehabilitanden mit Long COVID haben, kapazitive Engpässe berichten. Für die Voraussetzungen für die Reha bei Long COVID kann nur ein einflussreicher Faktor identifiziert werden: Einrichtungen mit einem speziellen Konzept zur Long COVID-Behandlung weisen bessere Voraussetzungen auf.

Vertiefende Analysen zu den Ergebnissen der Reha bei Long COVID

Im dritten Teil der Analyse wurde gezeigt, dass eine deutliche Mehrheit der Reha-Einrichtungen eine positive Wirkung der Reha bei Long COVID in Bezug auf körperliche und psychische Gesundheit sowie Leistungsfähigkeit und Erwerbsfähigkeit der Rehabilitanden feststellt. Mit einer differenzierteren Auswertung wird untersucht, ob sich diese Einschätzung zwischen den Einrichtungen mit fehlenden und ausreichend Kapazitäten und Voraussetzungen für die Reha bei Long COVID unterscheidet.

Dabei zeigt sich, dass ausreichende oder fehlende Kapazitäten keinen statistischen Zusammenhang mit einer der Ergebnisdimensionen (körperl./psych. Gesundheit, Leistungsfähigkeit, Erwerbsfähigkeit) aufweisen. Ausreichende Voraussetzungen hingegen korrelieren leicht positiv und signifikant mit drei der vier Ergebnisdimensionen. Das heißt: Je besser eine Einrichtung die Voraussetzungen für die Reha bei Long COVID erfüllt sieht, desto besser wird auch das Ergebnis der Reha bei Long COVID eingeschätzt. Oder – da die Richtung der Kausalität unbestimmt bleibt – je besser die Ergebnisse der Reha bei Long COVID eingeschätzt werden, desto eher liegen ausreichende Voraussetzungen für die Behandlung von Long COVID in der Einrichtung vor.

Diese Ergebnisse zeigen, dass der Reha-Erfolg bei Long COVID unabhängig von den aktuellen Kapazitäten in den Reha-Einrichtungen eingeschätzt wird. Die Erkenntnis, dass Einrichtungen, die bessere Voraussetzungen für die Reha bei Long COVID berichten, auch bessere Ergebnisse der Reha bei Long COVID erkennen, unterstreicht die Bedeutung ausreichender personeller, räumlicher, technisch-apparativer und inhaltlicher Ausstattung der Reha-Einrichtungen.

Zu beachten ist, dass es sich trotz signifikanter Zusammenhänge um relativ schwache Effekte handelt. Aus den Korrelationskoeffizienten ergibt sich eine Varianzaufklärung von jeweils nur rund 5% für die drei Ergebnisparameter (körperl. Gesundheit: 4,5%, psych. Gesundheit: 4,9%, Leistungsfähigkeit: 5,6%).

Die Einschätzung des Reha-Erfolgs bei Long COVID unterscheidet sich auch zwischen Einrichtungen mit und ohne ein spezielles Konzept für die Reha bei Long COVID.

Welch-Tests auf Mittelwertunterschiede ergeben, dass für alle vier Ergebnisdimensionen signifikante Unterschiede zwischen den Einrichtungen mit und ohne ein Long COVID-Konzept bestehen. Die Unterschiede liegen zwischen 0,42 Punkten (Psych. Gesundheit) und 0,64 Punkten (Erwerbsfähigkeit) auf der Skala von 1 bis 6 und fallen damit trotz Signifikanz relativ schwach aus.

Durch die Differenzierung zwischen Einrichtungen mit und ohne Konzept kann jeweils nur ein recht geringer Teil der Varianz der eingeschätzten Wirksamkeit der Reha bei Long COVID aufgeklärt werden, wie eine Varianzanalyse zeigt (körperl. Gesundheit: 7,6%, psych. Gesundheit: 4,3%, Leistungsfähigkeit: 6,4%, Erwerbsfähigkeit: 6,5%).

Fazit

Zusammenfassend kann Folgendes festgehalten werden:

  • Im Durchschnitt beginnen Rehabilitanden mit gesundheitlichen und funktionellen Langzeitfolgen einer COVID-19-Diagnose rund drei bis vier Monate nach der Infektion die medizinische Rehabilitation.
  • Die Rehabilitanden kommen sowohl nach vorangegangener Akutbehandlung im Krankenhaus, nach ambulanter Behandlung durch niedergelassene Ärzte wie auch ohne vorausgegangene Behandlung (ggf. Selbsteinweiser) in die medizinische Rehabilitation. In den freitextlichen Angaben ergeben sich Hinweise auf unterschiedliche Symptombelastungen und Symptomcluster in den Zugangs-Gruppen, aus denen sich jeweils andere Reha-Bedarfe und notwendige Therapien in der Rehabilitation ergeben. Die Zugänge unterscheiden sich zudem zwischen unterschiedlichen Fachabteilungen.
  • Es wird ein erhöhter Nachsorgebedarf bei Rehabilitanden mit Long COVID im Vergleich zu anderen Indikationen/Diagnosen berichtet. Die genannten Nachsorgeempfehlungen umfassen sowohl Einzelmaßnahmen, wie z.B. Rehabilitationssport/Funktionstraining, als auch komplexe, multimodale Nachsorgeprogramme zur Sicherung des Erfolges der Leistungen zur Teilhabe. Weitere Schwerpunkte der Nachsorgeempfehlungen liegen im Bereich der psychischen Stabilisierung, einer fortzusetzenden medikamentösen Behandlung, Aktivitäten zur Rückführung in die Beschäftigung sowie einer weiteren diagnostischen Abklärung von Long COVID.
  • Fehlende Kapazitäten werden insbesondere von jenen Reha-Einrichtungen berichtet, die Rehabilitanden mit Long COVID in pneumologischen Fachabteilungen behandeln. Fehlende Kapazitäten sind auch häufiger in Einrichtungen, in denen ein höherer Anteil aller Rehabilitanden mit Long COVID behandelt wird. Reha-Einrichtungen mit einem speziellen Konzept zur Behandlung von Long COVID weisen eher ausreichende Voraussetzungen für die Behandlung auf, berichten jedoch häufiger von fehlenden Kapazitäten.
  • Von den Reha-Einrichtungen, die bessere Voraussetzungen für die Reha bei Long COVID berichten, werden auch bessere Behandlungsergebnisse berichtet. Einrichtungen, die fehlende Kapazitäten berichten, schätzen die Ergebnisse der Reha nicht schlechter ein. Einrichtungen, die ein spezielles Reha-Konzept für Long COVID nutzen, berichten bessere Behandlungsergebnisse.

Insgesamt sind die Reha-Einrichtungen in Deutschland gut auf die Rehabilitation von Long COVID vorbereitet. Der Großteil der Reha-Einrichtungen, in denen Rehabilitanden mit Long COVID behandelt wird, gibt an, die nötigen Voraussetzungen hierfür zu haben. Daneben zeigt die Bestandserhebung aber auch auf, in welchen Einrichtungen eher fehlende Kapazitäten für die Reha bei Long COVID bestehen.

Zur Verbesserung der rehabilitativen Versorgung bei Long COVID wünschen sich die Reha-Einrichtungen in den frei formulierten Teilen des Fragebogens eine Verlängerung der Behandlungsdauer bei einer Long COVID-(Zusatz)Diagnose, mehr und eine bessere Qualifizierung des Personals bzgl. Long COVID, eine bessere personelle Ausstattung, um insbesondere auch die begleitenden psychischen und kognitiven Langzeitfolgen von COVID-19 angemessen behandeln zu können, mehr finanzielle Mittel der Leistungsträger für die Behandlung von Long COVID in den Einrichtungen, zusätzliche internistische Kompetenz/Expertise in den Reha-Einrichtungen sowie verbindliche Behandlungsstandards bzgl. Long COVID (Leitlinien, Reha-Konzepte). Die Reha-Einrichtungen würden sich zudem entlastet fühlen, wenn die ambulante Versorgung von Long COVID jenseits von Rehabilitation ausgebaut würde, kombinierte Einrichtungen vorhanden wären, die sich auf die Behandlung von Long COVID spezialisiert haben und mehr Diagnosesicherheit bzgl. Long COVID erreicht werden könnte.

Die Ergebnisse der Long COVID-Bestandserhebung unterstreichen die Bedeutung der medizinischen Rehabilitation in der Behandlung der gesundheitlichen und teilhabebezogenen Langzeitfolgen von COVID-19. Zur Sicherstellung einer nahtlosen Versorgung von Betroffenen sind die Schnittstellen zu vorgelagerten wie nachgelagerten Versorgungsbereichen von besonderer Relevanz in der Versorgungskette. Qualitative Vertiefungen der Ergebnisse werden die Einordung und Bewertung der Ergebnisse unterstützen.

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