Das Angebot der RPK-Einrichtungen

Reha-Einrichtungen für psychisch kranke und behinderte Menschen (RPK)

Ein Fall – Die Ausgangssituation vor einer RPK-Leistung

Laura S., 32 Jahre alt, leidet an einer inzwischen mittelgradig ausgeprägten depressiven Episode. Zuletzt arbeitete sie als Krankenschwester auf einer internistischen Intensivstation im Dreischicht-System und ist nunmehr seit acht Monaten arbeitsunfähig. Infolge der Erkrankung hat sie bereits zehn Wochen Psychiatrie hinter sich, im Moment nimmt sie an einer ambulanten Psychotherapie teil.
Der MDK (Medizinische Dienst der Krankenkassen), einbezogen von der Krankenkasse wegen des fortgesetzten Krankengeldbezuges, hat eine Rehabilitation empfohlen, da die Erwerbsfähigkeit gefährdet (§51 SGB V) und die Rehabilitationsfähigkeit gegeben sei. Laura S. will daraufhin einen Reha-Antrag stellen. Der Sachbearbeiter der Krankenkasse hat ihr dafür einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mitgegeben. Ihr Psychotherapeut favorisierte dagegen die Möglichkeit einer stationären psychosomatischen Rehabilitation. Zuletzt berichtete ihr eine Mitpatientin in der Klinik vom Ganztagsangebot einer RPK in ihrer Heimatstadt. Alle drei Möglichkeiten hätten ihr helfen können. Doch welche Wahl ist im Einzelfall die vielleicht beste?

Hintergrund: RPK in der Versorgungslandschaft

  • Für Menschen mit psychischer Erkrankung gibt es zwei Formen der Medizinischen Rehabilitation:Psychosomatische Reha und RPK. Die beiden Maßnahmen unterscheiden sich deutlich voneinander.
  • In Deutschland gibt es derzeit über 50 RPK Einrichtungen mit knapp 1800 Plätzen.
  • Die Rehabilitation in einer RPK findet an der Lebenswelt orientiert im konkreten Lebenskontext der Rehabilitanden statt, also vorwiegend ambulant und wohnortnah. Sie dauertbis zu 24 Monate.
  • Das Angebot einer Erprobung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist obligat.
  • Betroffene nehmen selber mit den regionalen Einrichtungen Kontakt auf. Die Mitarbeiter der RPK übernehmen die Beantragung der Kostenübernahme.

Eine Möglichkeit – Das Angebot einer RPK

Rehabilitationseinrichtungen für psychisch kranke und behinderte Menschen (RPK) arbeiten ausnahmslos nach der RPK-Empfehlungsvereinbarung vom 04.11.2010 (1). Das konzeptionelle Bezugssystem der RPK ist die ICF (2). Innerhalb einer Reha-Leistung sollen dabei medizinische und berufliche Rehabilitationsleistungen miteinander verknüpft werden. Die Rehabilitationsprinzipien der RPK sind: ambulant vor stationär, regional vernetzt und wohnortnah, personenzentriert, niedrigschwellig und frühzeitig (3). Das entspricht auch den Grundsätzen anderer moderner richtungsweisender rehabilitativer Konzeptionen (4,5,6)

Der Fall – Entscheidungsfindung

Laura S. will – wie viele Menschen – wieder gesund und berufstätig sein. Wie viele andere Rehabilitanden weiß sie nicht viel über passende Angebote in ihrer Region. 
Sie liebt ihren Beruf als Krankenschwester, auch wenn sie inzwischen weiß, wie sehr die Tätigkeit sie im Alltag belastete. Daher erscheint es ihr bislang unvorstellbar, bald wieder an ihren Arbeitsplatz zurück zu kehren. Sie kommt nur noch mit Mühe morgens aus dem Bett, zwei Termine am Tag lasten sie oft vollständig aus. Manchmal schafft sie nicht mal das. Und wie es in ihrer Wohnung aussieht, sollte auch besser keiner wissen. Sie hat kaum Kontakte, telefoniert höchstens mal mit einer alten Freundin. Einmal in der Woche geht sie wieder zur Chorprobe. Hier akzeptiert man es, wenn sie nur bis zur Pause durchhält, weil sie sich nicht länger konzentrieren kann. Es tut ihr trotz aller Selbstzweifel gut, wieder Mitglied einer Gemeinschaft, wie bei dem Chor, zu sein. Nach einem weiteren Gespräch mit ihrem Psychiater ist sie sich nun sicher, dass eine Berufliche Rehabilitation für sie derzeit noch zu früh käme. Den unausgefüllten LTAAntrag legt sie erst einmal wieder beiseite. Mögliche Angebote (stationärer) psychosomatischer Rehabilitation sprechen sie nun stärker an. Allerdings würde es ihr schwerfallen, noch einmal so lange von zu Hause fort zu sein. In der ambulanten Psychotherapie fühlt sie sich außerdem gut aufgehoben. Also beschließt sie, einen Infotermin in der RPK vor Ort wahrzunehmen. Diese Termine finden regelmäßig in der RPK statt, sie muss sich dafür nur telefonisch kurz anmelden.

Die RPK-Landschaft

Die etwa 50 RPK-Einrichtungen in Deutschland sind örtlich gut vernetzt und mit ihrem stationären und/oder ambulanten Angebot in die Versorgungslandschaft der Regionen gut integriert. Der Übergang von der medizinischen in die berufliche Rehabilitation erfolgt während einer RPK-Leistung nahtlos. Eine solche Leistung kann abhängig von der Prognose bis zu zwei Jahre dauern.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der RPKen (BAG RPK)

Die meisten RPK-Einrichtungen sind über die Bundesarbeitsgemeinschaft RPK miteinander vernetzt. Standorte und Kontaktdaten findet man auf der Homepage der Bundesarbeitsgemeinschaft RPK unter www.bagrpk.de.
Seit September 2018 ist ein neuer Vorstand im Amt.

Die Rehabilitation – Es geht los

Laura S. hat vor drei Monaten mit ihrer Leistung in der RPK begonnen. Sie kann währenddessen in ihrer Wohnung bleiben und weiterhin mit ihrem Chor singen. Nach einem Hausbesuch durch einen Mitarbeiter der RPK nimmt sie das Chaos in ihrer Wohnung in Angriff, Schritt für Schritt fühlt sie sich wohler, kann schließlich ihre Freundin zum Kaffee trinken nach Hause einladen. Mit dem RPK-Arzt hat sie zu Beginn eine schlaffördernde Medikation vereinbart. Jetzt ist sie dabei, die Medikation zu reduzieren, da sie sich tagsüber zu müde fühlt. Der Austausch mit den Mitrehabilitanden in den unterschiedlichen Gruppenangeboten ist hilfreich, berufliche Perspektiven sind für alle Rehabilitanden zentrale Fragestellungen. Die RPK-Mitarbeiter lassen aber keinen Zweifel daran erkennen, dass vorab und parallel auch andere Themen des alltäglichen Lebens in die Rehabilitation einbezogen werden müssen. Entsprechende Handlungsziele werden gemeinsam abgestimmt. Ein wichtiger Aspekt für sie ist auch die zeitliche Perspektive von zunächst drei Monaten Reha mit der Option einer Verlängerung von bis zu einem Jahr oder auch mehr. Dies gibt ihr das Gefühl, die Probleme in einem angemessenen Tempo angehen zu können, ohne sich immer wieder selbst zu überfordern.

Der Fall – Ausblick

Nun sind bereits 5 Jahre vergangen seit Laura S. sich für eine Leistung in der RPK entschieden hat. Sie ist fast ein ganzes Jahr dort gewesen. Anfangs fiel es ihr sehr schwer, an allen Angeboten teilzunehmen. Sie berichtet im Nachgang, dass sie nur durchhielt, weil die Anforderungen immer wieder ganz individuell auf ihre aktuellen Bedürfnisse ausgerichtet worden seien. Erst nach vier Monaten Aufenthalt war sie bereit für ein erstes Praktikum. Sie wählte eine Tätigkeit, die zunächst gar nichts mit ihrem eigentlichen Beruf zu tun hatte und half in einem Second-Hand-Laden mit. Wichtig für ihre Entscheidung war, dort pünktlich anzukommen, die vereinbarten drei Stunden am Vormittag an drei Tagen in der Woche durchzuhalten und den Kontakt mit Kollegen zu erproben. Nie hätte sie erwartet, dass es eine so große Herausforderung sein könnte, Pausen mit Kollegen durchzustehen. Aber gleichzeitig wuchs auch ihre Zuversicht. Die zweite Erprobungsphase fand in einer Apotheke statt. Hier steigerte sie langsam ihre Arbeitszeiten und wurde immer belastbarer. Zwischenzeitlich hatte sie, unterstützt und begleitet von den Mitarbeitern der RPK, Kontakt zu ihrem alten Arbeitgeber. Eine betriebliche Wiedereingliederung ließ sich jedoch nicht realisieren. Der Reha-Berater der DRV, der  regelmäßig in die RPK kam, schlug in der Folge eine Umschulung vor. Sie verhandelte einen Auflösungsvertrag, beantragte Leistungen zu Teilhabe am Arbeitsleben und begann im Anschluss an die RPK-Leistung eine von der DRV finanzierte betriebliche Umschulung zur Pharmazeutisch-kaufmännischen Assistentin in der Apotheke, in der sie ihr letztes Praktikum absolviert hatte. Nach der Ausbildung wurde sie dort mit einer 80%-Stelle übernommen. Im letzten Jahr war sie mit ihrem Chor auf einer Konzerttour im Elsass.

Dr. med. Sabine Kreß
sabine.kress@vitos-reha.de

Literatur

  1. RPK-Empfehlungsvereinbarung und Handlungsempfehlungen, Hrsg. Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) e.V., Frankfurt, 2011
  2. Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit. Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), 2002.
  3. Praxisleitlinien Rehabilitation für Menschen mit psychischen Störungen, Hrsg. D. Jäckel et al., Psychiatrie Verlag, Bonn, 2010
  4. S3 Leitlinie Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen, Hrsg.: P. Falkai, DGPPN, Springer Verlag, 2012
  5. Hoffman, H.; Jäckel, D.; Glauser, S. & Kupper, Z. (2012). A randomised controlled trial of the efficacy of supported employment, in: Acta Psychiatrica Scandinavia, S. 157-167
  6. Weisbrod, M. et al., Realität der Beruflichen Rehabilitation, NeuroTransmitter 2015; 26 (9, 10)