Das Bundesteilhabegesetz in der politischen Debatte

Auch nach Inkrafttreten der 2. Reformstufe des BTHGs zum 1.1.2018 beschäftigen das neue SGB IX und seine Folgen die politischen Organe in Deutschland. So gab es im Jahr 2018 bereits mehrere Anfragen von Parteien im Bundestag, die sich direkt oder indirekt mit den Folgen des Gesetzes auseinandersetzten. Nachstehend werden zentrale Fragen der Abgeordneten und Fraktionen und die Antworten der Bundesregierung mit übergreifender Relevanz ausschnittsweise dargestellt.

Anfrage zur „Rehabilitation als Beitrag zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit“, Antwort der Bundesregierung vom 04.05.2018 (BT-Drucksache 19/2041)

Wie wirken die Rehabilitationsträger nach Kenntnis der Bundesregierung darauf hin, Personen mit entsprechenden Bedarfen zu identifizieren und bei Bedarf auf eine Antragstellung hinzuwirken?

Die gesetzliche Unfallversicherung betreibt seit Jahrzehnten ein umfassendes Reha-Management. Die  Änderungen durch das BTHG sind ein weiterer Anlass, die Bemühungen zur umfassenden Erkennung von Reha-Bedarfen (auch anderer Träger) zu intensivieren. Dazu werden alle vorhandenen Instrumente der DGUV einem Screening unterzogen, ob ihnen Informationen zu weitergehenden Rehabilitationsbedarfen zu entnehmen sind. Eine besondere Bedeutung hat aus Sicht der Verwaltungen dabei der Entlassungsbericht aus der medizinischen Reha, in dem auch über bestehende Hindernisse im Heilverfahren berichtet wird. […]

Ziel der Bundesagentur für Arbeit (BA) ist es, für die erfolgreiche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen Reha-Bedarfe so früh wie möglich zu erkennen und aufzugreifen. Deshalb sind die Beratungs- und Vermittlungsfachkräfte in den Agenturen für Arbeit und Jobcentern sensibilisiert, Anhaltspunkte für mögliche Rehabilitationsbedarfe zu identifizieren und auf eine Antragstellung bei dem voraussichtlich zuständigen Rehabilitationsträger aktiv hinzuwirken. Gemäß § 12 SGB IX sind die BA und die Jobcenter seit dem 1. Januar 2018 verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen die frühzeitige Erkennung des Rehabilitationsbedarfs insbesondere durch die Bereitstellung und Vermittlung von geeigneten barrierefreien Informationsangeboten zu unterstützen. […]

Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (DRV) haben seit dem 2. Januar 2018 sowohl auf ihrer Website als auch auf den Seiten der RV-Träger vor Ort die Kontaktdaten ihrer Ansprechstellen
(§ 12 SGB IX) veröffentlicht. Darüber hinaus bieten die Antragsvordrucke auf Leistungen zur Prävention die Möglichkeit, bei den Antragstellern ggf. schon bestehende Bedarfe an Leistungen zur Rehabilitation zu identifizieren. Die Öffentlichkeitsarbeit der DRV zum Thema „Prävention“ richtet sich u. a. an die interessierte Fachöffentlichkeit, zum Beispiel durch Vorträge bei Veranstaltungen oder Veröffentlichungen in Fachzeitschriften der Betriebs-/Werksärzte sowie der Hausärzte. Die DRV Bund hat ferner 15.000 Haus-, Betriebs- und Werksärzte angeschrieben.
Für die Träger der Kinder- und Jugendhilfe sowie die Träger der Krankenversicherungen liegen der Bundesregierung keine Erfahrungswerte vor. Für die Träger der Eingliederungshilfe, der Kriegsopferversorgung und -fürsorge kann die Bundesregierung nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben keine Angaben machen.

Welche Erfahrungen konnte die Bundesregierung bisher mit der neuen, ab 1. Januar 2018 geltenden Regelung zum Antragsverfahren auf Rehabilitationsverfahren machen („Leistungen wie aus einer Hand“)?

Da die Regelungen des BTHG zum neuen Teilhabeplanverfahren und der Leistungserbringung „wie aus einer Hand“ (SGB IX Teil 1) erst zum 1. Januar 2018 in Kraft getreten sind, liegen der Bundesregierung noch keine trägerübergreifenden Erfahrungswerte vor. Auf Ebene der BAR wurden bereits vielfältige Informationsangebote zur Umsetzung des neuen Rechts bereitgestellt. Diese sind auf der Internetpräsenz der BAR abrufbar unter: www.bar-frankfurt.de/. Insbesondere wurde im Januar 2018 von der BAR der Arbeitsentwurf einer „Gemeinsamen Empfehlung Reha-Prozess“ veröffentlicht. […]

Anfrage zur „Situation von hörbeeinträchtigten Menschen in Deutschland“, Antwort der Bundesregierung vom 10.04.2018 (BT-Drucksache 19/1960)

Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung – über die Einführung des Merkzeichens „Taubblind (TBl)“ im Schwerbehindertenausweis hinaus – seit 2012 unternommen, um die Versorgungssituation taubblinder Menschen zu verbessern?

Im Rahmen der vom BMAS initiierten Fachgespräche mit den Verbänden taubblinder Menschen wurde unter anderem über die Bedarfe von taubblinden Menschen diskutiert. Es laufen derzeit weitere Gespräche zwischen dem BMAS, den Ländern und Verbänden taublinder Menschen, deren Ergebnisse in einem Fachgespräch im September 2018 vorgestellt werden sollen. Konkrete Aussagen zur Entwicklung der Versorgungssituation sind aufgrund der aktuell kaum vorhandenen Daten nicht möglich. In der derzeit stattfindenden „Repräsentativbefragung zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen“ wird empirisch untersucht, inwiefern sich Beeinträchtigungen und Behinderungen auf die Möglichkeiten der Teilhabe in verschiedenen Lebensbereichen auswirkt.

Anfrage „zum Stand der ergänzenden unabhängigen Teilberatung“, Antwort der Bundesregierung vom 17.04.2018 (BTDrucksache 19/1758)

Wie wurde sichergestellt, dass Ratsuchende die Beratungsstellen, sowohl im Hinblick auf die geografische Lage als auch auf Barrierefreiheit, ohne größere Schwierigkeiten aufsuchen können?

Nach der Förderrichtlinie soll der Zugang niedrigschwellig in seiner inhaltlichen, räumlichen, sozialen und zeitlichen Dimension sein, d. h. insbesondere räumlich, mobil sowie telefonisch gut erreichbar und barrierefrei sein, sowie eine adressatenorientierte Angebotsnutzung ermöglichen.

Wie fördert die Bundesregierung die Beratungsstellen in ihren Möglichkeiten, behinderte Menschen als Beraterinnen bzw. Berater einzustellen, und welche Hemmnisse bestehen ggf. in den Bedingungen, die mit einer Förderung verknüpft sind?

Gemäß der Förderrichtlinie sind bei der Auswahl der regionalen Beratungsangebote u. a. die Beratungsmethode des Peer Counseling und die spezifischen Teilhabebeeinträchtigungen besonders zu berücksichtigen. Die Fachstelle Teilhabeberatung informiert die Träger auf Nachfrage über Fördermöglichkeiten durch die Bundesagentur für Arbeit, das Integrationsamt und weitere Einrichtungen.

In wie vielen Beratungsstellen werden behinderte Beraterinnen bzw. Berater über das Budget für Arbeit beschäftigt sein?

Die Träger der EUTB können auch Beschäftigte einstellen, deren Einstellung mit Förderleistungen (Eingliederungszuschüsse nach SGB III, Leistungen an Arbeitgeber nach § 50 SGB IX) subventioniert werden. Daher ist auch eine Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen mit dem Budget für Arbeit (§ 61 SGB IX) grundsätzlich nicht auszuschließen. Die Entscheidung über die Einstellung über das Budget für Arbeit obliegt der Eigenverantwortung der Träger. […]

Alle Ausführungen wurden redaktionell gekürzt und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.