Ein treibender Faktor

Digitalisierung wird in der Berufsförderung aktiv gestaltet

Es tut sich was in der Rehabilitation. Neue Teilhabestrategien oder auch der mit der Pandemie verbundene Digitalisierungsschub sind zu Treibern für das Entwicklungsgeschehen in der medizinischen und beruflichen Rehabilitation geworden. Eine gelingende berufliche Rehabilitation erfordert eine permanente Anpassung an veränderte Anforderungen der Arbeitswelt. Die fortschreitende Digitalisierung erweist sich hier bereits seit mehreren Jahren als zentraler treibender Faktor.

Digitalisierung als gemeinsame Gestaltungsaufgabe

Die im Bundesverband zusammengeschlossenen Berufsförderungswerke (BFW) haben bereits 2016 begonnen, Handlungsfelder zu definieren und strategische Leitsätze formuliert, um die Digitalisierung in der beruflichen Rehabilitation aktiv zu gestalten. Angefangen von den internen Prozessschritten – beispielsweise im Anmelde- und Aufnahmeverfahren – über die didaktischen Konzepte bis hin zur Integrationsunterstützung wurden hier erste Ansätze der Weiterentwicklung geschaffen.

Wesentlich dabei war und ist: Digitalisierung wird hier nicht als „Ziel“, sondern als „Weg“ zur Weiterentwicklung der beruflichen Rehabilitation verstanden. Sie soll dazu beitragen, dass Menschen selbstbestimmt und dauerhaft am Arbeitsleben teilhaben können. Schon vor der Pandemie gab es in den Berufsförderungswerken vielfach Digitalisierungsstrategien und den aktiven Einsatz von digitalen Instrumenten. Die BFW nutzten die sich ergebenden Arbeitsplatzchancen durch aktuelle und zukünftige Veränderung der Qualifizierungen in Folge der Digitalisierung. Sie passten sich im Rahmen der Neuordnungen von Ausbildungsordnungen an veränderte Kompetenzspektren an. Die Berufsförderungswerke waren an vielen Stellen Vorreiter in der Nutzung der Chancen für die Teilnehmenden, die sich durch veränderte Organisationsformen und Flexibilität in der Arbeitsgestaltung infolge der Digitalisierung ergaben.

Keine Scheu vor neuen Möglichkeiten

Digitale Technologien gelten in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen als Innovationstreiber. Ohne Zweifel gibt es Bereiche, in denen der Einsatz digitaler Methoden und Instrumente weiter erforscht und ausgebaut werden sollte. Der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) beispielsweise eröffnet in der Aus- und Weiterbildung sowie am Arbeitsplatz neue Möglichkeiten, sowohl für Beschäftigte als auch für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Für Menschen mit Schwerbehinderungen können digital gestützte Assistenzsysteme dabei zusätzliche Mehrwerte bieten, wie automatische Anpassungen an die individuellen Bedürfnisse der Nutzenden oder die Kompensation behinderungsbedingter Einschränkungen. Wir selbst begleiten diverse Projekte im Bereich der KI-gestützten Assistenzsysteme, die wir aktiv mit unseren Mitgliedern unterstützen. Das aktuelle Projekt, KI-Kompass inklusiv, bildet dabei ein Kompetenzzentrum für den Einsatz von KI im Fokus Inklusion und soll vor allem in Praxislaboren und mit Blick auf den Arbeitsmarkt die Möglichkeiten durch KI untersuchen und vorstellen.

Die Bandbreite der Gestaltung von Qualifizierungsgeschehen unter Nutzung von digitalen Lernmedien ist enorm. Gleichzeitig stärkt sie die Individualisierungsansätze und Flexibilisierung durch Auflösung von räumlichen und zeitlichen Grenzen.

Das digitale Berufsförderungswerk

Anfangs wurde Digitalisierung bei den BFW in der Lehre vor allem für fachliche Themen und eine allgemeine Wissensvermittlung genutzt. Dieses Modell wurde dann über die Jahre weiterentwickelt, hin zu einer verstärkten digitalen Kommunikation sowie einer beständigen Digitalisierung der Prozesse. Es gilt, mit Augenmaß den Stellenwert und die Potenziale der Digitalisierung in der Beruflichen Rehabilitation zu bewerten und sinnvoll zu nutzen. In den Berufsförderungswerken liegen gute Konzepte vor, die auf den Lessons learned der Corona-Pandemie basieren und Erfahrungen und Chancen zusammenführen. Diese Konzepte beinhalten neben Investitionen in die digitale Infrastruktur auch die gezielte Digitalisierung von Abläufen in den Berufsförderungswerken selbst, angefangen beim Recruiting, über die internen Prozesse bis hin zum Onboarding. Hinzu kommt der Ausbau der Digitalisierung in der Qualifizierung sowie von digitalisierten Unterstützungsangeboten des Psychologischen und Medizinischen Dienstes.

Selbstverständlich können keine alternativen Maßnahmen, kein Tutorial und kein Videogespräch die individuelle Förderung in Präsenz ersetzen. Bei rein digitalen Anwendungen kommen zudem Themen wie Projekt- und Gruppenarbeit zu kurz. Das führt bei der Förderung bestimmter Kompetenzen etwa im sozialen Bereich zu Defiziten. Ebenso entwickeln sich auch die gruppendynamischen Prozesse anders. Es ist daher wichtig, das Bewusstsein dafür zu haben, dass die Teilnehmenden der beruflichen Rehabilitation aufgrund ihrer Vorbedingungen angewiesen sind auf eine strukturierte Ausbildung, vor allem auch vor Ort.

Mehr als digitale Inhalte

Die Qualifizierungsprozesse in den Berufsförderungswerken sind deswegen so angelegt, dass sie umfassende und zukunftsorientierte berufliche Kompetenzen vermitteln. Das heißt konkret: Sie sind nicht fokussiert auf einen bestimmten Arbeitsplatz oder einzelne Tätigkeiten, sondern bezogen auf komplette Geschäftsprozesse oder betriebliche Abläufe im potenziellen Arbeitsgebiet. Damit können wir auch die Vielfalt der beruflichen Möglichkeiten nach einem erfolgreichen Abschluss bei uns realisieren.

Neben der fachlichen Ausbildung geht es vor allem darum, selbstständig komplexe Arbeitsaufgaben übernehmen zu können. Die gezielte Förderung von Schlüsselkompetenzen, die mit der zunehmend digitalen Arbeitswelt umso wichtiger werden. Dazu gehören insbesondere Selbstlernkompetenzen, genauso wie die Fähigkeit, auf unterschiedlichen Wegen gut zu kommunizieren und im Team sowie im Rahmen von verschiedenen Projekten zu arbeiten. Ein weiterer Fokus ist die Kundenorientierung, gerade bei den IT-Berufen, aber auch der verantwortungsbewusste Umgang mit (digitalen) Informationen und Technologien. Daher gehören Datenschutz und IT-Sicherheit genauso zu den Ausbildungsinhalten.

Dank der engen Zusammenarbeit mit Unternehmen, beispielsweise im Rahmen von Praktika, aber auch Einstellungen erleben wir eine beständige Rückkopplung unserer Inhalte mit den potenziellen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern. So können wir unsere Teilnehmenden bestmöglich auf den Arbeitsmarkt vorbereiten und die Unternehmen profitieren gleichzeitig von sehr gut ausgebildeten Fachkräften.