Ende eines Arbeitsverhältnisses: Unterhaltssicherung – Beschäftigungslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit

"Entscheidend für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen bei Beendigung eines Arbeitsverhält- nisses sind die Möglichkeiten der Unterhaltssicherung."

Aktuelle Rechtssprechung

Entscheidend für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses sind die Möglichkeiten der Unterhaltssicherung, auch im Hinblick auf Maßnahmen mit dem Ziel beruflicher Integration wie beispielsweise stufenweiser Wiedereingliederung (SWE). In Betracht kommen unter den jeweiligen Voraussetzungen zum Beispiel Arbeitslosengeld nach SGB III oder Krankengeld nach (Alg) SGB V. Besonders relevant sind dabei die Aspekte Beschäftigungslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit. Diese Aspekte sind in den vergangenen Jahren in verschiedenen Gerichtsentscheidungen weiter konturiert worden, Kernaussagen* werden nachfolgend gebündelt wiedergegeben:

Bei einer lückenlosen Arbeitsunfähigkeitsfeststellung besteht nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V über das Ende des Beschäftigungsverhältnisses hinaus die Mitgliedschaft in der GKV fort und damit Krankenversicherungsschutz wie auch Anspruch auf Krankengeld. Entsprechendes gilt bei Ende der Leistungsfortzahlung während Alg-Bezugs nach  § 146 SGB III.

Grundsätzlich hat der Versicherte die Obliegenheit, dafür Sorge zu tragen, dass eine rechtzeitige ärztliche Arbeitsunfähigkeitsfeststellung erfolgt. Ausnahmsweise können Arbeitsunfähigkeitsfeststellungen bzw. nicht lückenlose Feststellungen nachgeholt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn im Einzelfall medizinische und ggf. auch nichtmedizinische Fehler eines Vertragsarztes im Zusammenhang mit der Arbeitsunfähigkeitsfeststellung der Krankenkasse zuzurechnen sind und der Versicherte darauf vertrauen durfte, dass ihm diese Fehler in Bezug auf seine Krankengeld-Ansprüche nicht schaden.

BSG, Urteile v. 07.04.2022, Az.: B 3 KR 16/20 R; v. 26.03.2020, Az.: B 3 KR 9/19 R; v. 28.03.2019, Az.: B 3 KR 22/17 R; v. 16.12.2014, Az.: B 1 KR 37/14 R

Bei Arbeitsunfähigkeit (AU) besteht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld im Rahmen der Leistungsfortzahlung nach § 146 SGB III nur, wenn vorher solches bezogen wurde oder zumindest ein Anspruch darauf gegeben war.

Ein Alg-Anspruch besteht dann nicht, wenn dieser vor Eintritt der AU wegen Zahlung einer Urlaubsabgeltung durch den letzten Arbeitgeber unmittelbar nach Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses geruht hat.

BSG, Urt. v. 07.02.2020, Az.: B 7 AL 28/01 R; LSG Sachsen, Urt. v. 09.06.2022, Az.: L 3 AL 151/19; vgl. auch BSG, Urt. v. 07.05.2019, Az.: B 11 AL 18/18 R

Mit Blick auf „Beschäftigungslosigkeit“ als Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosengeld nach §§ 136 ff. SGB III ist der Beschäftigungsbegriff kontextabhängig und bereichsspezifisch bzw. funktionsdifferenziert auszulegen. Für die Beurteilung der Frage, ob ein Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinn geendet hat, sind alle Gegebenheiten des Einzelfalls (u. a. Dauer des Krankengeldbezugs, längere eingeschränkte gesundheitliche Leistungsfähigkeit, Arbeitslosmeldung, Rentenantragstellung, fehlende betriebliche Einsatzmöglichkeiten) maßgeblich und zu würdigen.

Jedenfalls bei einer unwiderruflichen Freistellung des Arbeitnehmers von seiner Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber bis zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitnehmer generell nicht mehr verpflichtet, Arbeitsleistungen zu erbringen und mithin beschäftigungslos.

Beschäftigungslosigkeit scheidet allerdings nicht zwingend schon dann aus, wenn der Arbeitgeber erklärt hat, einen Arbeitnehmer nur widerruflich von seiner Arbeitsleistung freizustellen.

BSG, Urteile v. 24.06.2020; Az.: B 11 AL 3/19 R; v. 12.09.2019, Az.: B 11 AL 20/18 R; zur Beschäftigungslosigkeit im Zusammenhang mit SWE auch: BSG, Urt. v. 17.12.2013, Az.: B 11 AL 20/12 R, vgl. auch Reha-Info 6/2014.

*Aus Leitsätzen der Gerichte bzw. Orientierungssätzen nach JURIS sowie Entscheidungsgründen, redaktionell abgewandelt und gekürzt