Editorial Reha-Info 06/2025

Liebe Leserin und lieber Leser,

„Sprache ist der Schlüssel zur Welt.“ Dieses Zitat Wilhelm von Humboldts beschreibt treffend, was Sprache für Teilhabe bedeutet: Wer verstanden wird und selbst verstehen kann, nimmt teil – am Gespräch, an der Bildung, am Arbeitsleben und an der Gesellschaft. Doch Sprache kann auch Barriere sein, wenn sie ausschließt, verkompliziert oder gar nicht zugänglich ist.
Gerade für Menschen mit Behinderungen ist verständliche Sprache ein zentraler Schlüssel zu gleichberechtigter Teilhabe. Viele amtliche Informationen, Anträge oder medizinische Unterlagen sind kompliziert formuliert – für viele Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen, Lernschwierigkeiten oder Sinnesbehinderungen kaum nutzbar. Für sie ist Einfache oder Leichte Sprache kein Zusatzangebot, sondern Voraussetzung, um ihr Recht auf Selbstbestimmung und Information wahrnehmen zu können. Barrierefreie Kommunikation bedeutet: Sprache so zu gestalten, dass alle sie verstehen – unabhängig von Bildungsgrad, Einschränkung oder Herkunft.
Rund 83.000 gehörlose Menschen und etwa 200.000 schwerhörige Personen nutzen in Deutschland Deutsche Gebärdensprache. Sie ist seit 2002 als eigenständige Sprache anerkannt, doch der Zugang bleibt oft eingeschränkt. Dolmetschende fehlen und Veranstaltungen sind oft nicht barrierefrei. Sprache sichtbar zu machen – auch das ist Inklusion. Sprache spielt auch in der Psychiatrie eine zentrale Rolle. Wer in einer Krise steckt, findet oft keine Worte. Hier entscheidet die Art der Kommunikation über Vertrauen und Erfolg einer Behandlung. Studien zeigen, dass eine klare, respektvolle Sprache Heilungsprozesse fördert und Missverständnisse vermeidet. Nicht zuletzt betrifft Sprache Kinder und Jugendliche mit Sprachentwicklungsstörungen – in Deutschland etwa 8 Prozent eines Jahrgangs. Ohne frühzeitige Förderung drohen Benachteiligungen in Schule, Beruf und sozialer Teilhabe.
In dieser Ausgabe zeigen wir unter anderem, wie barrierefreie Kommunikation gelingt, erläutern die Bedeutung von Gebärdensprache für die Teilhabe am Arbeitsleben und wie Sprache in Therapie und Reha wirkt. Ich wünsche Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre – und dass wir Sprache wieder stärker als das verstehen, was sie ist: ein verbindendes Band zwischen Menschen.

Herzliche Grüße.

Ihre Gülcan Miyanyedi