Stufenweise Wiedereingliederung bei Bezug von Arbeitslosengeld

Orientierungssätze*
Nimmt ein Bezieher von Arbeitslosengeld eine stufenweise Wiedereingliederung auf, rechtfertigt dies nicht die Annahme, er sei nicht mehr beschäftigungslos und stehe den Vermittlungsbemühungen der Bundesagentur für Arbeit nicht weiter zur Verfügung. Eine stufenweise Wiedereingliederung schließt demnach nicht aus, dass die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld nach den §§ 136-138 SGB III vorliegen.
BSG, Urteil vom 17.12.2013, Az.: B 11 AL 20/12 R

*laut JURIS, redaktionell abgewandelt.

Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Der Kläger war bis Oktober 2008 versicherungspflichtig beschäftigt. Er wurde krankheitsbedingt arbeitsunfähig und bezog ab Oktober 2008 Krankengeld bis zur Aussteuerung am 01.04.2010. Das Arbeitsverhältnis wurde nicht gekündigt. Der Kläger meldete sich anschließend arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (ALG), das ihm die Beklagte (Bundesagentur für Arbeit) bewilligte. In Abstimmung mit seinem Hausarzt nahm der Kläger
am 04.04.2011 eine unentgeltliche Tätigkeit im Rahmen einer stufenweisen Wiedereingliederung nach § 28 SGB IX bei seinem Arbeitgeber auf. Die Beklagte hob daraufhin die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab 04.04.2011 vollständig auf.
Mit seiner dagegen gerichteten Klage hatte der Versicherte auch in letzter Instanz vor dem BSG Erfolg. Die Beklagte hatte u.a. darauf abgestellt, dass die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld nach den §§ 136-138 SGB III während einer stufenweisen Wiedereingliederung nicht mehr vorlägen. Denn dann sei der Versicherte nicht beschäftigungslos. Soweit das BSG in einem anderen Fall Beschäftigungslosigkeit während einer stufenweisen Wiedereingliederung bejaht habe (Urt. v. 21.3.2007 - B 11a AL 31/06 R), beziehe
sich dies nur auf den Sonderfall der Nahtlosigkeitsregelung (§ 125 SGB III alte Fassung, § 145SGB III neue Fassung). Diese sei jedoch hier nicht einschlägig. Auch sei der Versicherte während einer stufenweisen Wiedereingliederung für Vermittlungsbemühungen weder objektiv noch subjektiv verfügbar im Sinne von § 138 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 SGB III.
In seinem Urteil bestätigt das BSG seine bisherige Rechtsprechung und entwickelt sie fort. Es stellt heraus, dass die stufenweise Wiedereingliederung – als ein Rechtsverhältnis eigener Art – insbesondere gerade nicht auf die für Arbeitsverhältnisse typische Leistungsbeziehung „Arbeit gegen Lohn“ gerichtet ist. Wie aus der
Bestimmung des § 28 SGB IX (s. auch § 74 SGB V) erkennbar und vom BSG betont, stehen bei der stufenweisen Wiedereingliederung rehabilitative Zwecke bzw. die vorrangige Ausrichtung der verrichteten Tätigkeit auf das Erreichen eines Rehabilitationserfolges eindeutig im Vordergrund.Insoweit besteht auch während einer stufenweisen Wiedereingliederung weiterhin Beschäftigungslosigkeit. Die – objektive und subjektive – Verfügbarkeit hat das BSG ebenfalls bejaht, auch wenn die Erkrankung in Bezug auf den
bisherigen Arbeitsplatz Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Mithin lagen die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von ALG nach den §§ 136-138 SGB III weiterhin vor.