Kostenerstattung - Verhältnis § 43 SGB I zu § 14 SGB IX

Orientierungssätze*

1. Die Erstattungsansprüche der §§ 102ff. SGB X werden durch § 14 Abs. 4 SGB IX regelmäßig verdrängt. Auch ein Erstattungsanspruch aus § 102 SGB X iVm § 43 SGB I scheidet insoweit aus.

2. Ein Erstattungsanspruch des erstangegangenen Rehabilitationsträgers nach § 102 SGB X kommt insbesondere dann nicht in Betracht, wenn nach seiner Prüfung ein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist und er den Antrag bereits entsprechend § 14 SGB IX weitergeleitet hat. Diese Fallkonstellation ist nicht mit solchen vergleichbar, in denen der erstangegangene Träger ausnahmsweise einen Erstattungsanspruch haben kann.

BSG, Urteil vom 12.12.2013, Az.: B 4 AS 14/13 R

*angelehnt an JURIS, redaktionell abgewandelt

 

Sachverhalt und Entscheidungsgründe

Am 9.2.2007 wurde beim Kläger – Sozialhilfeträger – als Leistung der Eingliederungshilfe eine speziell auf die Bedarfe von ehemals Suchtmittelabhängigen ausgerichtete Berufsausbildung beantragt, die der Antragsteller vom 1.3.2007 bis 30.6.2009 erfolgreich absolvierte. Der Kläger hatte sich für unzuständig gehalten und den Antrag mit Blick auf § 6a SGB IX in der Frist des § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IX an den Beklagten – Jobcenter (JC) – weitergeleitet. Nach Konsultation der Bundesagentur für Arbeit teilte das JC dem Kläger mit Schreiben vom 3.8.2007 mit, dass laut ärztlichem Gutachten kein Reha-Fall vorliege, und lehnte die Kostenübernahme für die spezielle Maßnahme letztlich ab. Der Kläger übernahm die Maßnahmekosten als vorläufige Leistungen gemäß § 43 SGB I „zur Vermeidung von Nachteilen für den Betroffenen“ und verlangte vom JC Kostenerstattung nach § 102 SGB X iVm § 43 SGB I. Im Berufungsurteil folgte das LSG dieser Argumentation.

Nach Ansicht des BSG allerdings war § 102 SGB X wegen § 14 Abs. 4 SGB IX nicht einschlägig, die Klage wurde abgewiesen. Zwar kann ausnahmsweise ein Erstattungsanspruch des erstangegangenen Rehabilitationsträgers nach § 102 SGB X in Betracht kommen. Bisher aber gilt das insbesondere nur dann, wenn der erstangegangene Träger  – anders als hier – nicht fristgerecht weitergeleitet hat (z.B. wegen irrtümlicher Annahme eigener Zuständigkeit oder wegen grundsätzlichen Zuständigkeitskonflikts). Vor diesem Hintergrund geht das BSG auch auf § 43 SGB I nicht mehr detailliert ein. Im Ergebnis jedoch präzisiert das vorliegende Urteil jedenfalls faktisch die Reichweite dieser Vorschrift. Ein allgemeines „Vorleistungsrecht“ eines nach § 14 SGB IX unzuständigen erstangegangenen Trägers zugunsten einer möglichst schnellen Durchführung der für richtig gehaltenen Leistung ist demnach gerade nicht vorgesehen. Er trägt letztlich das Kostenrisiko, wenn er leistet. Einzelfragen zu Leistungsvoraussetzungen, die für diesen Rechtsstreit offenbar anlassgebend waren, müssen i.Ü. vorrangig im Verhältnis zwischen Antragsteller und dem nach § 14 SGB IX zuständigen Leistungsträger geklärt werden.

Zur Konkretisierung der nach dem SGB IX vorgesehenen Kooperation der Leistungsträger zur Ermöglichung von Teilhabe von Menschen mit (dorhender) Behinderung vgl. auch die aktuell in Kraft getretene Gemeinsame Empfehlung "Reha-Prozess" (unter www.bar-frankfurt.de)