Leistungen zur Teilhabe

§ 14 SGB IX; Hilfsmittel

 Orientierungssätze[1]

1. Bewilligt die Krankenkasse auf einen Hilfsmittel-Antrag einen Festbetrag, der die beantragte Versorgung nicht deckt, muss sie nach § 14 SGB IX prüfen, ob ein anderer Rehabilitationsträger die Mehrkosten zu übernehmen hat.

2. Stellt ein Versicherter unmittelbar nach Entscheidung der Krankenkasse, nur einen Festbetrag zu zahlen, bei einem anderen Rehabilitationsträger einen gleichartigen Leistungsantrag, kann dieser als Widerspruch gegen die Ablehnung der Mehrkostenübernahme gewertet werden.

3. Wird ein aufwändiges Hörgerät nur wegen besonderer beruflicher Anforderungen benötigt, aber auch im Alltagsleben benutzt, kommt eine Kostenteilung zwischen Krankenkasse und Rentenversicherungsträger in Betracht.

BSG, Urteil vom 24.1.2013, Az.: B 3 KR 5/12 R

 Sachverhalt und Entscheidungsgründe

Die Klägerin hatte über einen Hörgeräteakustiker ein Gerät ausgewählt, das sie bei der beruflichen Tätigkeit benötigte, aber auch im Alltag nutzen konnte. Ohne einen weiteren Teilhabebedarf zu prüfen, bewilligte die Krankenkasse nur den Festbetrag. Eine Rechtsmittelbelehrung erfolgte nicht. Die Klägerin wandte sich daraufhin wegen der Mehrkosten des zwischenzeitlich beschafften Hörgeräts an die beklagte DRV.

Das BSG hat die Krankenkasse zur Zahlung der Gesamtkosten des Hörgerätes an die Klägerin verurteilt. Einen Antrag auf Hörgeräteversorgung bewertet es grundsätzlich als Antrag auf Teilhabeleistungen gemäß § 14 SGB IX. Diese Wertung führt zu einer entsprechenden umfassenden Prüfungspflicht. Der auf eine teilweise ablehnende Entscheidung der Krankenkasse erfolgte erneute Antrag an die DRV wird im Ergebnis als Widerspruch gegen die Ablehnung gewertet. Nach Auffassung des Gerichts kann der Zielsetzung des § 14 SGB IX (keine Nachteile für den Antragsteller durch das gegliederte System) unter den besonderen Umständen der Hörgeräte-Versorgungspraxis und des Einzelfalls nur so entsprochen werden.

Bei nur teilweiser materieller Zuständigkeit für eine Hörgeräteversorgung kann die GKV die umfassende Zuständigkeit nach § 14 SGB IX gegenüber dem Antragsteller allerdings dadurch vermeiden, dass sie parallel mit der Bewilligung des Festbetrags den Antrag bzgl. der berufsbedingten Mehrkosten an den hierfür zuständigen anderen Reha-Träger (hier: DRV) weiterleitet. Zudem entwickelt das BSG mit vorliegender Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung zur Abgrenzung der "materiellen" Zuständigkeiten GKV/DRV bei der Hörgeräteversorgung weiter.


[1] (hier: Leitsätze des Gerichts, redaktionell abgewandelt)