Beschäftigungsfähigkeit – wichtig für ein erfolgreiches Berufsleben

Interview mit Herrn Dr. Werner Scherer, Geschäftsführer Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU)

Der Begriff „Beschäftigungsfähigkeit“ gewinnt zunehmend an Bedeutung, bleibt aber in der Diskussion meist unscharf und vage. Welche Bedeutung hat er für Sie?

Beschäftigungsfähigkeit (Employability) ist von der bloßen Arbeitsfähigkeit (Workability) zu unterscheiden. Sie ist weit mehr als diese, zielt sie doch auf die Teilhabe am wirtschaftlichen und sozialen Leben ab – und zwar dauerhaft, nicht etwa nur temporär und begrenzt auf die aktuell gerade ausgeübte Tätigkeit.

Wen sehen Sie aus Arbeitgebersicht in der Verantwortung, damit Beschäftigungsfähigkeit und damit Teilhabe erhalten oder hergestellt wird?

Es wundert mich, dass in den meisten Abhandlungen zu diesem Begriff der Arbeitnehmer kaum adressiert wird, ist es doch zunächst in dessen eigenem Interesse, für seine Beschäftigungsfähigkeit zu sorgen und sie auch zu erhalten. Denn dies kommt ihm persönlich zugute – für seinen aktuellen Job, ggf. auch für einen anderen Job beim selben Arbeitgeber, vor allem aber – mit dem nötigen Weitblick – für sein ganzes Berufsleben. Employability als Leistung des Arbeitnehmers ist Ausdruck für dessen Eigenverantwortung für seine Erwerbsbiografie.

Worum geht es dabei im Einzelnen?

Es geht um die Fähigkeit zur Partizipation am Arbeits- und Berufsleben, um den Herausforderungen der Arbeitswelt gerecht werden zu können, also um persönliche, fachliche, soziale und methodische Kompetenz. Die Anforderungen der Arbeitswelt – auch im aktuellen Beschäftigungsbetrieb – verändern sich ständig und immer schneller; und nur wenn der Arbeitnehmer seine Beschäftigungsfähigkeit pflegt und weiterentwickelt, kann er am Erwerbsprozess ein ganzes Leben lang erfolgreich teilnehmen.

Die Bedingungen des Arbeitsmarktes und die Anforderungen an die Arbeitnehmer liegen nicht in deren Gestaltungsmöglichkeit. Muss „Beschäftigungsfähigkeit“ daher nicht in einen umfassenderen Ansatz eingebettet werden?

Natürlich sind auch die Betriebe gefordert, die Employability ihrer Beschäftigten zu erhalten und zu fördern. Denn für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen wird es immer wichtiger, dass die Beschäftigten kompetent in sich verändernden Kontexten agieren können. Viele Unternehmen verankern daher die Employability schon auf strategischer Ebene – in der Unternehmenskultur – im Rahmen der Organisation, der Führung und der Personalentwicklung. Gerade in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels werden alternsgerechte Personalpolitik, Mitarbeiterbindung und Personalrekrutierung unabdingbar. Dabei kommt es darauf an, neben den betrieblichen Notwendigkeiten auch die Interessen, Ziele und Werte der Mitarbeiter in Verbindung mit den Lebensphasen und ihrer individuellen Lebenssituation zu beachten.

Reicht ein solches betriebliches „Employabilitymanagement“, gepaart mit individuellen Anstrengungen der Beschäftigten, für ausreichend, die Veränderungsprozesse in der Arbeitswelt zu gestalten?

Nur bedingt. Schließlich ist auch der Staat gefordert, durch Setzung geeigneter Rahmenbedingungen, etwa steuerliche Anreize, Erwerb, Erhalt und Förderung der Employability für die Beschäftigen und die Unternehmen zu ermöglichen und zu unterstützen. Immerhin wurde schon in der Lissabon-Strategie der Europäischen Union im Jahre 2000 vereinbart, die Förderung der Beschäftigungsfähigkeit zum Bestandteil der europäischen Beschäftigungsstrategie zu machen.

Fazit: Nur wenn alle Beteiligten – Beschäftigte, Unternehmen und Staat – diesen Anforderungen gerecht werden, kann Nutzen für alle generiert werden.