Selbstverwaltung und Rehabilitation

Selbstverwaltung und Rehabilitation

Von Ingo Nürnberger und Dr. Anna Robra*

Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation ist eine Einrichtung der Selbstverwaltung – und das in mehrfacher Hinsicht. Zum einen ist die BAR dazu da, die gemeinsamen Angelegenheiten (und das bedeutet vor allem die Zusammenarbeit) der Rehabilitationsträger eigenständig zu organisieren. Zum anderen entsenden die Sozialversicherungsträger Mitglieder der eigenen Selbstverwaltung in die Entscheidungs- und Kontrollgremien der BAR (Vorstand und Mitgliederversammlung). Dadurch nehmen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter/innen Verantwortung wahr für die Koordination im gegliederten Rehasystem. Zum dritten gäbe es die BAR gar nicht, wenn sie nicht vor 43 Jahren von der Selbstverwaltung der Sozialversicherungsträger aus der Taufe gehoben worden wäre.

Die BAR ist nur ein Beispiel für die wichtige Rolle der sozialen Selbstverwaltung im Bereich der Rehabilitation – aber ein besonders prägnantes. In der BAR geht es darum, über den Tellerrand zu schauen, die Interessen der anderen Akteure zu akzeptieren, nach konsensualen Lösungen zu suchen und dabei auch zu Veränderungen bei den Strukturen und Prozessen des eigenen Trägers bereit zu sein. Die Beharrungskräfte sind groß – weil wir es mit großen Institutionen mit Tradition und langfristig entwickelten Abläufen zu tun haben und weil es um viel Geld geht. Grenzen für die Zusammenarbeit werden auch durch ungeeignete oder unklare gesetzliche Regeln gesetzt, die meistens nicht durch Entscheidungen der Selbstverwaltung und durch den Willen zur Kooperation geheilt werden können (allein schon wegen der engen Knute von Bundes- und Landesrechnungshöfen und Aufsichtsbehörden). Aber es bleiben ausreichend Handlungsspielräume bestehen. So wurden im Zusammenwirken einer relativ klaren gesetzlichen Vorgabe (§ 14 SGB IX) und deren Konkretisierung in einer Gemeinsamen Empfehlung viele Zuständigkeitsfragen gelöst. Ein anderes Beispiel ist der umfassende Diskussionsprozess über die Verbesserung von Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit, der durch die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter angestoßen wurde. Dieser hat zwar zweifelsohne bislang noch nicht zu genügend konkreten

Veränderungen geführt, gleichzeitig aber einen Informations-  und Wissenstransfer zwischen den Rehabilitationsträgern hervorgerufen, der relativ einmalig in der deutschen Sozialpolitik

sein dürfte. Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses langen Diskussionsprozesses waren sehr erstaunt, was sie nicht übereinander wussten – und gemeinsam haben wir erkannt, dass es wichtig ist, über die Strukturen und Prozesse bei den Partnern der Rehabilitation Bescheid zu wissen und voneinander zu lernen. Es ist gut, dass dieser Diskussionsprozess im neuen Orientierungsrahmen für die Arbeit der BAR seine Fortsetzung findet.

Die Mitglieder der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation stehen vor großen Herausforderungen. Die Reform der Eingliederungshilfe, die Evaluation und Weiterentwicklung des SGB IX und die steigende Bedeutung von Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie Rehabilitation in der alternden Gesellschaft sind wichtige Aufgaben, denen sich die Selbstverwaltung der BAR stellen muss und die deshalb auch Eingang in den neuen Orientierungsrahmen gefunden haben. Auch in den Debatten um die Weiterentwicklung und Konkretisierung der Demografiestrategie der Bundesregierung werden Erwartungen an die Sozialversicherungsträger formuliert, wie sie Arbeits- und Gesundheitsschutz, Prävention und Rehabilitation fördern können. Die BAR muss sich zu diesen Fragestellungen mit eigenen Vorstellungen und Vorschlägen zu Wort melden. Dafür bedarf es auch weiterhin einer starken sozialen Selbstverwaltung – und starken Sozialpartnern, die eine Klammer zwischen Erwerbswelt und den Sozialversicherungsträgern bilden können.


* Ingo Nürnberger, Abteilungsleiter Sozialpolitik beim DGB-Bundesvorstand, Dr. Anna Robra, Referentin  Abteilung Arbeitsmarkt der BDA, beide sind alternierende Vorstandsvorsitzende der BAR