Interview mit Joscha Brunßen

Vier Fragen an den Vorsitzenden des Bundesverbands ambulanter medizinischer Rehabilitationszentren e. V. (BamR) zur ambulanten Rehabilitation

Was genau ist der BamR e. V. und was machen Sie?

Der Bundesverband ambulanter medizinischer Rehabilitationszentren e. V., kurz BamR, ist ein Zusammenschluss ambulanter Rehazentren, die sich der Stärkung und Weiterentwicklung der ambulanten medizinischen Rehabilitation verschrieben haben. Der Verband versteht sich als Schnittstelle zwischen den Akteuren – Kostenträgern, Leistungserbringern und Politik. Dazu nehmen Vertreter des Verbands an verschiedenen Sitzungen, Beratungen und Besprechungen mit Vertretern der Kostenträger und der Politik teil. Weiterhin veranstaltet der Verband zweimal jährlich eine Veranstaltung für seine Mitglieder, in der diese über die aktuellen Entwicklungen informiert werden und es zu einem regen Austausch kommt. Die ambulante medizinische Rehabilitation ist noch eine recht junge Leistungsform und daher häufig in der Gesetzgebung nicht ausreichend berücksichtigt. Hier setzt sich der Verband für eine Gleichstellung ambulanter und stationärer Rehabilitationsanbieter ein.

Worin sehen Sie die Vorteile der Nutzung und Bereitstellung ambulanter medizinischer Rehabilitationsleistungen?

Soweit dem Patienten die Wahrnehmung einer ambulanten medizinischen Rehabilitationsleistung möglich ist, birgt diese eine Vielzahl von Vorteilen. Die wichtigsten aus meiner Sicht sind die Einbeziehung des Wohnumfeldes in die Behandlung, die eine schnellere Adaption an die ggf. neue Situation ermöglicht und die Auseinandersetzung mit der Lebenswirklichkeit fördert.

Daneben ist die Nähe zum Arbeitgeber des Patienten und damit der meist sehr starke Arbeitsbezug eine Erleichterung, wenn es um Fragen der beruflichen Reintegration geht.
In der ambulanten medizinischen Rehabilitation erfährt man durch das Zusammenwirken der verschiedenen Professionen eine multidisziplinäre Behandlung, die individuell auf die Bedürfnisse des Einzelnen abgestimmte Behandlungspfade ermöglichen. Darüber hinaus sollte man auch den volkswirtschaftlichen Aspekt nicht außer Acht lassen: die ambulante medizinische Rehabilitation belastet aufgrund der Konzentration auf Therapieleistungen und damit vergleichsweise günstigen Vergütungssätzen die Sozialkassen weniger.

Wie könnten die Zugangsmöglichkeiten für die ambulante Rehabilitation noch weiter ausgebaut werden?

Im nächsten Schritt muss der Zugang zur medizinischen Rehabilitation insgesamt erleichtert werden. Der Antrag zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung wurde zum April diesen Jahres zwar deutlich vereinfacht, die Tatsache, dass es abhängig vom Kostenträger unterschiedliche Anträge gibt, ist aber weiterhin ein Hemmnis. Ebenso die nicht transparenten Ablehnungsentscheidungen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, die häufig zu Unverständnis und Resignation beim beantragenden Arzt führen.
Daneben müssen Patienten wie Ärzte über die Möglichkeiten informiert werden. In vielen Köpfen ist immer noch der Gedanke der Kur verankert. Die moderne medizinische Rehabilitation ist damit aber nicht vergleichbar. Wer glaubt, im ambulanten Setting schlechter versorgt zu sein, irrt sich. Der Gesetzgeber hat mit dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ den Weg für den Zugang in die ambulante medizinische Rehabilitation geebnet. Jetzt muss diese Devise nur noch in der Realität der Bewilligungen umgesetzt werden.
Der Anteil ambulanter Leistungen an den Rehabilitationsleistungen steigt seit Jahren. Wenn wir uns nach der alten Weisheit „tue Gutes und rede darüber“ richten, wird diese Tendenz auch weiter gehen.

Solange wir darüber reden, wird also alles gut?

Dadurch kann die Kenntnis über die Möglichkeiten und Inhalte der ambulanten medizinischen Rehabilitation einem breiteren Publikum zugetragen werden. Dies alleine wird aber nicht ausreichend sein. Wir setzen uns daher für die Gleichstellung ambulanter und stationärer Rehabilitationsleistungen ein, die leider noch nicht überall vorherrscht. Beispielhaft sei hier nur darauf verwiesen, dass ambulante Rehabilitationszentren nur einen deutlich schlechteren Zugriff auf medizinisch notwendige Medikamente haben als stationäre Häuser und der Gesetzgeber erst kürzlich mit der Einführung des Entlassmanagements, das wir grundsätzlich begrüßen, die ambulanten Rehabilitationszentren von dieser Leistung ausgeschlossen hat, was aus unserer Sicht eine klare Benachteiligung darstellt, die nicht rational begründet werden kann. Problematisch ist für uns in der öffentlichen Wahrnehmung auch die weit verbreitete Nutzung des Begriffs der Rehabilitation in der Werbung, für Leistungen wie Rehasport oder Heilmittel, die mit der Komplexität einer multiprofessionellen ambulanten medizinischen Rehabilitationsbehandlung nicht vergleichbar sind.