Ärztliche Gutachten im Bereich der Rehabilitation und Teilhabe - Zusammenstellung ausgewählter Orientierungssätze

■ Die Inanspruchnahme des Sachverstands eines Betriebsarztes kann der Klärung dienen, ob vom Arbeitsplatz Gefahren für die Gesundheit des Arbeitnehmers ausgehen und künftig durch geeignete Maßnahmen vermieden werden können. Die betriebsärztlichen Untersuchungen und die mit ihnen verbundenen Begutachtungen sind mit einem BEM als Ganzem aber nicht gleichzusetzen.
BAG, Urt. v. 20.11.2014 - 2 AZR 755 / 13

■ Wenn ein Versicherter der Auffassung ist, dass nicht der von ihm gewählte Arzt das Gutachten erstellt, muss er dem Unfallversicherungsträger unverzüglich mitteilen, dass er sein Auswahlrecht verletzt sieht (sog. Rügeobliegenheit).
BSG, Urt. v. 20.07.2010 – B 2 U 17 / 09 R

■ Dem allgemeinen Sprachverständnis folgend fällt unter den im Gesetz selber nicht definierten Begriff des Gutachtens nicht jedwede Äußerung oder Stellungnahme eines medizinischen oder technischen Sachverständigen zu einzelnen Aspekten des Verfahrensgegenstandes, sondern nur die umfassende wissenschaftliche Bearbeitung einer im konkreten Fall relevanten fachlichen Fragestellung durch den Sachverständigen.
BSG, Urt. v. 11.04.2013 – B 2 U 34 / 11 R

■ Enthält die schriftliche Äußerung des Sachverständigen vornehmlich eine eigenständige Bewertung der verfahrensentscheidenden Tatsachenfragen, z. B. des umstrittenen Ursachenzusammenhangs, ist es ein Gutachten. Setzt sich die schriftliche Äußerung des Sachverständigen im Wesentlichen mit dem eingeholten Gerichtsgutachten auseinander, insbesondere im Hinblick auf dessen Schlüssigkeit, Überzeugungskraft und Beurteilungsgrundlage, ist es nur eine beratende Stellungnahme.
BSG, Urt. v. 05.02.2008 – B 2 U 8 / 07 R

■ Eine ärztliche Stellungnahme ist nur dann ein Gutachten, wenn darin - jedenfalls summarisch - die erhobenen Befunde wiedergegeben werden und sich der Arzt - soweit es sich um ein sozialmedizinisches Gutachten handelt - zu den nach seiner Auffassung durch die festgestellten Gesundheitsstörungen bedingten Leistungseinschränkungen und ihrer voraussichtlichen Dauer äußert.
BSG, Urt. v. 07.08.1991 – 1 / 3 RK 26 / 90

■ Ein in der gesetzlichen Unfallversicherung zu einer Zusammenhangsfrage erstelltes medizinisches Sachverständigengutachten ist dann uneingeschränkt verwertbar, wenn es in sich schlüssig, widerspruchsfrei und nachvollziehbar begründet ist und die Einschätzung des Sachverständigen mit den unfallmedizinischen Erfahrungswerten übereinstimmt.
LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 29.08.2008 – L 4 U 110 / 04

■ Allein aus der Tatsache, dass ein Sachverständiger in seinem Gutachten eine bekannte Gesundheitsstörung zwar gelistet, daraus aber keine Funktionsbeeinträchtigung abgeleitet hat, ergibt sich nicht ohne Weiteres ein erheblicher Mangel des Gutachtens.
BSG, Beschl. v. 12.05.2015 – B 9 SB 93 / 14 B

■ Relevante Bestimmungen: § 14, § 62, § 69 SGB IX, § 65 SGB I, § 43 SGB VI