Gelebte Partizipation beim BAR Fachgespräch 2016

„Rehabilitationsträger treffen Rehabilitanden – Personenzentrierung und Partizipation im Rehabilitationsprozess“

 

Wenn sich Rehabilitanden und Reha-Träger zu einem konstruktiven Austausch treffen, dann geht es in erster Linie um Erwartungen, Möglichkeiten und Grenzen. So auch beim BAR-Fachgespräch 2016 mit dem Thema: „Rehabilitationsträger treffen Rehabilitanden - Personenzentrierung und Partizipation im Rehabilitationsprozess“ am 9. Juni 2016 in Berlin. Mit „Personenzentrierung“ und „Partizipation“ waren dabei zwei zentrale Schlüsselbegriffe für die Weiterentwicklung von Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen gewählt. Dass die mit den Leistungen zur Teilhabe angestrebten Ziele auch tatsächlich erreicht werden, ist eine berechtigte Erwartung und Anforderung der Menschen mit Behinderung. Ebenso ist es ein Anspruch, den die Rehabilitationsträger an sich und an ihre Leistungen stellen, wenn sie formulieren, dass der „Mensch mit Behinderung im Mittelpunkt“ steht. Entsprechend befasste sich die Veranstaltung mit Fragen und Handlungsaufträgen an das System der Rehabilitation und die Gestaltung des Rehabilitationsprozesses im Einzelnen, welche sich aus „Personenzentrierung“ als auch aus „Partizipation“ ergeben. Im Rahmen zweier Impulsvorträge sowie sich anschließenden Diskussionsrunden wurden in einem kritisch-konstruktiven Dialog sowohl unterschiedliche Perspektiven als auch Weiterentwicklungsoptionen und Handlungsbedingungen deutlich. Die Veranstaltung im Berliner Hotel Aquino war jedoch geprägt von dem Bemühen aller Akteure, gemeinsam tragfähige Ansätze und Antworten zu finden. Bereits bei der Begrüßung machte Dr. Hansen (BDA, alternierender Vorsitzender der BAR) deutlich, dass „Personenzentrierung“ und „Partizipation“ kein Selbstzweck sind. Vielmehr verbänden sich damit auch ökonomische Belange. Es müsse gelingen, die Leistungen unseres Sozialleistungssystems so einzusetzen, dass sie dem Menschen mit Unterstützungsbedarf bestmöglich helfen, und dass sie ihr Ziel erreichen. Dies funktioniere aber nur dann gut, wenn die Leistungen möglichst passgenau eingesetzt werden.

 

Zu erreichen ist das, wenn genau auf den einzelnen Menschen, seinen Unterstützungsbedarf und die Rahmenbedingungen geschaut wird. Gerlinde Bendzuck (LV Selbsthilfe Berlin) verwies darauf, dass personenzentriertes Handeln wesentlich auch den Blick auf die kommunikative Gestaltung der Interaktion richte. Informationen seien vom Leistungsberechtigten her und somit möglichst einfach, verständlich und barrierefrei aufzubereiten. Prof. Dr. Ernst vor Kardorff (HU Berlin) ging auf die Programmatik, Realität und Paradoxien beider Leitbegriffe ein, wobei für ihn Personenzentrierung nicht ohne Partizipation – im Sinne von Beteiligung – sinnvoll möglich sei. Eine sich anschließende Gesprächsrunde unter weiterer Beteiligung von Verena Bentele (Beaufragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen; siehe Interview auf S. VI in dieser Ausgabe) und Dr. Helga Seel (BAR) gestaltete thematisch auch den Übergang in den zweiten Veranstaltungsteil. Dort standen Fragen der „Partizipation im Verwaltungsverfahren“ sowie des „personenzentrierten Verwaltungshandelns“ auf dem Programm. Bei beiden Diskussionsrunden diskutierten die Podiumsteilnehmerinnen und -teilnehmer unter reger Beteiligung der mehr als 80 Gäste. Schnell wurde deutlich, dass individuelle Unterstützungsbedarfe und trägerbezogene Leistungszuständigkeiten keineswegs deckungsgleich sein müssen. Vielmehr ergeben sich hier Kooperationserfordernisse, die es einzelfallbezogen auch praktisch auszugestalten gilt. Dass wir dabei keineswegs ganz am Anfang stehen, verdeutlichte Matthias Rosemann (BAG GPV) am Beispiel bestehender Gemeindepsychiatrischer Verbünde. Erfahrungen zeigten, dass nicht nur die fallbezogene Zusammenarbeit seitens der professionellen Akteure positiv bewertet würde. Vielmehr böten u. a. Teilhabekonferenzen den Leistungsberechtigten wichtige Möglichkeiten der Partizipation. Gleichwohl waren sich die Beteiligten einig: Die reine Optimierung des Reha-Prozesses reicht nicht aus, wenn es darum geht, den Menschen mit Behinderung ins Zentrum der Anstrengungen um seine gleichberechtigte Teilhabe zu stellen. Es ist darüber hinaus entscheidend, dass eine ganzheitliche, umfassende Perspektive die individuellen Fähigkeiten, Bedarfe und Rahmenbedingungen des einzelnen Menschen mit Behinderung im Blick haben müsse. Dazu gehört aber auch ein aufmerksames Interesse an der Person, seiner Geschichte, seiner Lebenssituation und seinen Wünschen.