Anforderungen an die Ermittlung von Teilhabebedarf ausgestalten

Arbeitstagung des b3-Projektes „Basiskonzept für die Bedarfsermittlung in der beruflichen Rehabilitation“, am 31. Mai 2016 in Berlin

Seit einigen Jahren stehen eine Reihe verschiedener, insbesondere sozialpolitisch geprägter Anforderungen (z. B. SGB IX, ASMK, UN-BRK) an eine Ermittlung von Teilhabebedarf in der Diskussion. Neben dem Schlüsselbegriff der „Personenzentrierung“ wurden in den vergangenen Jahren weitere, differenzierte Kriterien als Anforderungen formuliert.
Aber: Was bedeuten diese auf praktischer Handlungsebene?

Dies war Gegenstand einer Arbeitstagung des b3-Projektes „Basiskonzept für die Bedarfsermittlung in der beruflichen Rehabilitation“, die sich gleichermaßen an Vertreter von Leistungsträgern, Leistungserbringern sowie an Vertreter der Interessen von Menschen mit Behinderung richtete.

Eröffnet wurde die Veranstaltung durch Markus Hofmann (DGB und alternierender Vorstandsvorsitzender der BAR) sowie Alfons Polczyk (BMAS). Hierauf folgte ein Vortrag von Prof. Dr. Markus Schäfers (Hochschule Fulda) zum Thema „Das Paradigma der Personenzentrierung und Konsequenzen für die Ermittlung von Teilhabebedarf“. Anschließend wurden von den über 60 Teilnehmenden in insgesamt sechs parallelen Arbeitsgruppen verschiedene Anforderungen für eine Bedarfsermittlung im Bereich von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben konkreter beleuchtet: umfassend, interdisziplinär, lebenswelt-/sozialraumorientiert, partizipativ, kompetenzorientiert, zielorientiert. Im Mittelpunkt standen hierbei zwei, aus der jeweiligen Perspektive zu bearbeitende, Leitfragen: „Was verbindet sich mit dem jeweils untersuchten Einzelkriterium inhaltlich?“ sowie „Was verbindet sich mit dem Kriterium im praktischen Handeln der professionellen Akteure?“. Der gemeinsame Arbeitsprozess war gekennzeichnet von intensiven und konstruktiven Diskussionen in den Arbeitsgruppen. Hierbei eröffneten sich innerhalb und zwischen den unterschiedlichen Akteursgruppen teils ähnliche, teils aber auch verschiedene Auffassungen zur Relevanz und zum inhaltlichen Verständnis dieser Anforderungen.

Als ein Ergebnis wurde in mehreren Arbeitsgruppen die Bedeutsamkeit der Berücksichtigung des jeweiligen individuellen Kontextes für die Bedarfsermittlung durch Leistungsträger sowie bei der anschließenden beruflichen Rehabilitationsleistung herausgearbeitet. So ließen sich passgenaue und zielführende Leistungen ermitteln und ausgestalten. Zudem wurde unterstrichen, dass das der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit (ICF) zu Grunde liegende bio-psycho-soziale Modell sowohl eine allgemein anerkannte Grundlage als auch eine gute konzeptionelle Basis zur systematischen Beschreibung von Teilhabebeeinträchtigungen und für eine „umfassende“ Bedarfsermittlung darstelle. Hierin könnten auch individuell bedeutsame Aspekte der Lebenswelt sowie des Sozialraums ihren angemessenen Platz finden.

Der individuelle Kontext sei dabei aber nicht nur im Blick auf die Person, sondern auch auf die Teilhabechancen am Arbeitsmarkt relevant: Betrachte man die hohe Bedeutung von Kompetenzen im Bereich der Arbeitswelt, dann seien isolierte Kompetenzprofile ohne Berücksichtigung des Kontextes (u. a. Arbeitsplatzangebot, spezifische Rahmenbedingungen sowie berufliche Anforderungen) bei der Bedarfsermittlung wenig aussagekräftig und daher kaum zielführend.

Im Rahmen einer partizipativ orientierten Bedarfsermittlung und insbesondere bei der Formulierung von Teilhabezielen sei auch und gerade die subjektive Sicht der Betroffenen gefragt. Hier seien Transparenz, Barrierefreiheit, adressatengerechte Sprache sowie dialogische Verfahren wichtige Schlüssel für eine erfolgreiche Beteiligung von Leistungsberechtigten.

Die vielfältigen Ergebnisse der Arbeitstagung fließen in die weitere Arbeit des trägerübergreifenden Projektes b3 ein. Am Ende des Prozesses soll 2018 ein gemeinsames, von Leistungsträgern und –erbringern gleichermaßen getragenes wie auch praktikables Basiskonzept zur Bedarfsermittlung in der beruflichen Rehabilitation stehen.