Leistungsantrag – Genehmigungsfiktion durch Fristablauf – Kostenerstattung

Orientierungssätze*

§ 13 Abs. 3a SGB V gilt für Leistungen der Krankenbehandlung (hier: Psychotherapie), nichthingegen für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Für diese gelten die Vorschriftender §§ 14 und 15 SGB IX.Wenn die Leistungserbringung ohne Mitteilung eines hinreichenden Grundes nicht fristgerechterfolgt und der Antrag hinreichend bestimmt ist, gilt die Leistung nach § 13 Abs. 3a S.6 und S. 7 SGB V als genehmigt. Der Versicherte kann sich die Leistung selbst beschaffen undKostenerstattung verlangen.Eine fingierte Genehmigung bleibt wirksam, solange und soweit sie nicht zurückgenommen,widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigtist.BSG, Urteil vom 08.03.2016, Az.: B 1 KR 25/15 R

*redaktionell auf Basis der Entscheidungsgründe

Sachverhalt und Entscheidungsgründe

Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger beantragte am 16.12.2013 „befundgestützt“ eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie als Langzeittherapie. Am Folgetag beauftragte die Krankenkasse eine Begutachtung, ohne den Kläger zu informieren. Die Krankenkasse lehnte auf Basis des eingeholten Gutachtens die beantragte Therapie mit Bescheid vom 27.1.2014 ab. Der Kläger hat sich die beantragte Therapie selbst beschafft und Erstattung der von ihm hierfür aufgewandten Kosten in Höhe von 2200,- Euro verlangt. Damit hatte er auch vor dem BSG Erfolg.

Das Schweigen der Krankenkasse in den auf den Leistungsantrag folgenden drei Wochen fingiert nach § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V dessen Bewilligung. Der Erstattungsanspruch aus § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V war deshalb begründet. Das BSG bekräftigt zunächst, dass § 13 Abs. 3a SGB V nicht für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelte. Zudem sei der Begriff der medizinischen Rehabilitation „funktionsadäquat auszulegen“: Anders als im Rahmen des § 14 SGB IX umfasse er im Rahmen des § 13 Abs. 3a SGB V nur Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem SGB V. Vorliegend sei Psychotherapie als Teil ambulanter Krankenbehandlung beantragt worden. Diese werde im SGB V von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation unterschieden, zu deren Bestandteilen auch Psychotherapie gehören kann. Entsprechend sei § 13 Abs. 3a SGB V einschlägig. Da nach dem Antrag keinerlei Information durch die Krankenkasse erfolgte, habe nach S. 1 und S. 2 der Bestimmung die maßgebliche Frist drei Wochen betragen. Innerhalb dieser Frist sei keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes für die Fristüberschreitung erfolgt. Eine solche Mitteilung könne auch wiederholt erfolgen. Der Antrag sei auch hinreichend bestimmt gewesen iSv § 42a VwVfG iVm § 33 SGB X. Das Erstattungsbegehren habe zudem der aus Kontext und aus Sinn und Zweck des § 13 Abs. 3a SGB V hergeleiteten Anforderung entsprochen, dass der Berechtigte die selbst beschaffte Leistung für erforderlich halten durfte und sie nicht offenkundig außerhalb des Leistungskatalogs der Krankenkasse liegt. Auch eine fingierte Genehmigung bleibe wirksam, solange und soweit sie nicht erledigt, zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben sei. Dies sei nicht, auch nicht durch den nach Fristablauf ergangenen ablehnenden Bescheid vom 27.1.2014, erfolgt.

Vor dem Hintergrund des Regierungsentwurfs für ein Bundesteilhabegesetz, der in § 18 SGB IX-E eine zu § 13 Abs. 3a SGB V teilweise parallele Regelung für Rehabilitationsleistungen vorsieht, könnten einzelne Aspekte vorliegender Entscheidung zukünftig für den Bereich der Rehabilitation durchaus wegweisend sein.